Die Riesterrente boomt, das Rürup-Modell setzt Staub an. Lohnen können sichbeide
Friederike Krieger
Die staatlich geförderte Riesterrente musste in den vergangenen Monaten viel Prügel einstecken. Die Verbraucher lässt das anscheinend kalt. Laut einer Umfrage des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) ist sie nach der Lebensversicherung und der betrieblichen Altersversorgung das drittliebste Instrument zur Altersvorsorge. Rund 33 Prozent der Deutschen haben einen Vertrag. Auf der Abschussliste scheint die Riesterrente auch nicht zu stehen: 69 Prozent der Befragten planen, ihre Einzahlungen in den Vertrag beizubehalten, 12 Prozent wollen sie sogar erhöhen.
Um Kürzungen bei der gesetzlichen Rente auszugleichen, hat die rot-grüne Bundesregierung 2002 diese nach dem damaligen Arbeitsminister Walter Riester (SPD) benannte Form der geförderten Altersvorsorge eingeführt. Sparer erhalten dabei vom Staat eine Grundzulage von 154 Euro pro Jahr. Zusätzlich gibt es für jedes Kind 185 Euro, für nach 2008 geborene Sprösslinge sogar 300 Euro. Um die volle Förderung zu erhalten, müssen Sparer mindestens vier Prozent ihres Einkommens einzahlen, maximal jedoch 2100 Euro, wobei die Zulagen angerechnet werden. Darüber hinaus können sie die Beitragszahlungen steuerlich geltend machen. Riesterrenten gibt es als Versicherung, Investmentfondsvertrag, Banksparplan und seit 2008 auch als Bausparmodell.
Bei der Ausgestaltung der Verträge haben sich die Anbieter nicht mit Ruhm bekleckert, glaubt Axel Kleinlein, Vorstandsvorsitzender des Bundes der Versicherten (BdV). „Die meisten Tarife, die im Moment angeboten werden, sind mies“, sagt er. Kleinlein ist Mitautor einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, die für viel Wirbel sorgte. Die Kritik: Die Riesterrente bietet eine schlechte Rendite, hat zu hohe Kosten, und die Kunden müssen uralt werden, damit sich die Anlage lohnt.
„Umso beachtlicher ist es, wenn wir trotz einer Welle der Negativberichterstattung das Neugeschäft bei Riesterverträgen im Vergleich zum Vorjahr weitgehend stabil halten konnten“, sagt Maximilian Zimmerer, Chef der Allianz Leben und Vorsitzender des Hauptausschusses Lebensversicherung im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. 2011 kamen 502 000 Riesterversicherungen hinzu. Über alle Anbieter hinweg stieg die Zahl der Riester-Sparer 2011 um 971 000. Inzwischen haben über 15 Millionen Verbraucher einen Vertrag.
Die kleine Schwester der Riesterrente, die Rüruprente, fristet dagegen ein Schattendasein. Laut DIA haben gerade mal drei Prozent der Deutschen solch einen Vertrag abgeschlossen. Diese Form der staatlich geförderten Altersvorsorge ist vor allem für Selbstständige und Freiberufler gedacht, die keine Riesterrente abschließen können. Hier gewährt der Staat Steuervorteile. Die Sparer können einen wachsenden Teil der Einzahlungen von der Steuer absetzen. Derzeit sind es 74 Prozent, bis 2025 soll der Anteil auf 100 Prozent ansteigen. Pro Jahr sind steuerbegünstigte Einzahlungen von bis zu 20 000 Euro möglich. Im Gegenzug müssen die Sparer die Rente später anteilig versteuern. Das Produkt ist hoch komplex: Um herauszufinden, ob sich mit der Rüruprente im großen Stil Steuern sparen lassen, muss der Kunde einen Steuerberater konsultieren.
Rürup kaum flexibelEin weiterer Minuspunkt ist die mangelnde Flexibilität. „Wer eine Rürup-Rente abschließen will, muss die Spielregeln kennen und mögen“, sagt Martin Meiselbach, Geschäftsführer der zum Versicherungsmakler Gossler, Gobert & Wolters gehörenden Firma GGW Versorgungsmanagement. Die Rüruprente ist der gesetzlichen Rente nachgebildet – was einige Besonderheiten mit sich bringt. Der Sparer kann den Vertrag nicht kündigen. Einmal gezahlte Beiträge bekommt er vor der Rente nicht zurück. Im Gegensatz zur Riesterrente ist es im Ruhestand nicht möglich, sich einen Teil des Kapitals auf einen Schlag auszahlen zu lassen. Beleihen, übertragen oder vererben kann der Kunde den Vertrag auch nicht.
Ob eine Riester- oder eine Rüruprente sinnvoll ist, hängt von der individuellen Situation ab, insbesondere davon, wie hoch die Ansprüche aus der gesetzlichen Rente sind und ob noch Geld aus der betrieblichen Altersversorgung (bAV) zu erwarten ist. Seit 2002 haben Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf eine Betriebsrente in Form der sogenannten Entgeltumwandlung. Dabei fließen die Beiträge aus dem Bruttogehalt des Beschäftigten, sie müssen nicht versteuert werden, und weder er noch das Unternehmen müssen darauf Sozialabgaben zahlen. „Das wird attraktiv, wenn der Arbeitgeber auch einen Teil dazu gibt“, sagt Kleinlein vom BdV. Er muss sich an dieser Form der Betriebsrente aber nicht beteiligen. Ein Nachteil: Der Arbeitnehmer kann die Form und den Anbieter der bAV nicht selbst bestimmen. „Es bleibt nur zu hoffen, dass der Arbeitgeber eine gute Wahl getroffen hat“, sagt er. Bevor sich der Sparer um seine Altersvorsorge kümmert, sollte er sich um Schutz gegen allgemeine Lebensrisiken bemühen, wie die Gefahr, berufsunfähig zu werden. „Die eigene Arbeitskraft ist der Motor des Lebens“, sagt Kleinlein. „Wenn die nicht abgesichert ist, nützt auch eine gute Altersvorsorge wenig.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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