Marktführer hält an der klassischen Lebensversicherung fest und will zudemneue Varianten testen
Herbert Fromme , Stuttgart
Die Allianz hält an der traditionellen deutschen Lebensversicherung fest. „Die Kritik an der Lebensversicherung, die auf dem klassischen Sicherungsvermögen beruht, ist unberechtigt“, sagte der neue Vorstandschef der Allianz Lebensversicherungs-AG in Stuttgart, Markus Faulhaber, der FTD.
Damit stellt sich der Marktführer gegen viele Konkurrenten, die mit dem Geschäftsmodell wachsende Probleme haben. Bei Kapitallebensversicherungen geben Gesellschaften ihren Kunden Zinsgarantien, die jahrzehntelang gültig sein können. Für neue Verträge beträgt der Garantiezins 1,75 Prozent auf den Sparanteil der Prämien. Weil aber dieser Prozentsatz in den Vorjahren deutlich höher lag, beträgt die Zinsgarantie für alle laufenden Verträge in der Branche im Schnitt 3,3 Prozent. Da die Zinsen, die am Kapitalmarkt erwirtschaftet werden können, heute so niedrig sind, haben viele Versicherer Schwierigkeiten. Sie suchen Alternativen, bei denen die Kunden einen größeren Teil des Anlagerisikos tragen oder die Garantien zeitlich begrenzt sind.
Faulhaber kann nachvollziehen, warum manche Kollegen bei anderen Konzernen diese Versicherungsform kritisieren, bei der die Gesellschaften den Großteil des Kapitalanlagerisikos tragen. Aber die Allianz Leben teile die Kritik nicht.
Er sieht die Allianz Lebensversicherungs-AG in dieser Lage in einer starken Position. „Uns nützen unsere Kapitalstärke und die niedrigen Verwaltungskosten“, sagte er. Der Marktführer kommt mit 1,1 Prozent der Beiträge für die Verwaltung aus. Bei den meisten Konkurrenten sind es mehr als zwei oder sogar nahe an drei Prozent. „Bei den heutigen Niedrigzinsen wirkt sich das natürlich spürbar aus“, sagte Faulhaber. Die Allianz Leben erzielte nach seinen Worten bei Neuanlagen im Jahr 2011 vier Prozent Durchschnittsverzinsung – deutlich mehr als die meisten Konkurrenten. Dabei gehe sie keine höheren Risiken als Rivalen ein.
Faulhaber ist seit dem 1. Juni Chef, vorher war er Vorstandsmitglied. Vorgänger Maximilian Zimmerer wechselte in den Vorstand der Allianz SE, wo er Paul Achleitner als Anlagechef ersetzt.
Die Allianz Leben hat ihren Marktanteil in den vergangenen fünf Jahren von 16,3 Prozent auf 17,4 Prozent ausgebaut. „Auch bei lang anhaltenden Niedrigzinsen können wir alle Garantien für unsere Kunden erfüllen“, sagte er. Ohnehin würden seit dem Ausbruch der Finanzkrise konventionelle Policen mehr nachgefragt als fondsgebundene. Auch die Stuttgarter spüren die Krise, mussten aber ihre Überschussbeteiligung weniger deutlich senken als Rivalen. Für 2012 schreibt das Unternehmen eine laufende Verzinsung der Sparanteile von vier Prozent gut, 0,1 Punkte weniger als im Vorjahr. Im Marktschnitt beträgt die Gutschrift 2012 3,9 Prozent.
Dennoch will auch der Marktführer Konsequenzen aus der Marktsituation ziehen. „Wir wollen Mitte 2013 mit neuen Produkten auf den Markt kommen, wir testen sie gerade“, sagte Faulhaber. Dabei werde die Zusage in verschiedene Zeitstrecken zerlegt, zum Beispiel ein Garantieniveau während der Ansparphase, ein neues Garantieniveau bei Beginn der Auszahlung von Privatrenten. „Das kann durchaus attraktiv für den Kunden sein, wenn er davon ausgeht, dass in 20 oder 30 Jahren die Zinsen und damit die Garantien höher sind als heute.“ Die Allianz werde aber auch weiter die heutigen Policen mit lebenslangen Zinsgarantien anbieten.
Sorgen macht sich Faulhaber wegen des Aufsichtssystems Solvency II, das ab 2014 vollständig umgesetzt sein soll. Dabei gibt es spezielle Ausnahmevorschriften für Krisenzeiten. „Auch die jetzt vorgesehenen Regeln reichen nicht aus“, sagte Faulhaber. „Solvency II führt, wenn es nicht noch deutlich verändert wird, zu sehr kräftigen Ausschlägen nach oben und unten beim Kapitalbedarf von Lebensversicherern.“ Das könne niemand wollen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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