Der Assekuranzmakler Marsh will Führungskräfte vor dem Verlust ihresVersicherungsschutzes bewahren
Friederike Krieger und Herbert Fromme
Hat ein Kollege oder die Firma bei Abschluss einer Managerhaftpflichtpolice falsche Angaben gemacht, droht nach jüngstem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) auch unbeteiligten Managern der Verlust des Versicherungsschutzes. Der Makler Marsh reagiert auf den Richterspruch jetzt mit einem neuen Angebot für Führungskräfte: Das Unternehmen hat eine neue sogenannte Auffangdeckung konstruiert, bei der ein Schwesterunternehmen des Versicherers Zusatzdeckungen für den Fall gewähren soll, dass der Hauptanbieter die Police für ungültig erklärt.
Die Policen, auch Directors and Officers Liability (D&O) genannt, schließen Firmen für ihre Führungskräfte ab. Sie sollen die Manager vor finanziellen Folgen von Pflichtverletzungen schützen.
Doch die Deckung steht seit einem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 21. September 2011 (Az.: IV ZR 38/09) auf wackligen Füßen. In dem Fall ging es um eine nicht erfolgreiche Klage eines Kunden des betrügerischen Geldtransporteurs Heros gegen dessen Transportversicherer Mannheimer. Der BGH sprach dem Versicherer das Recht zu, Verträge wegen arglistiger Täuschung durch den Versicherungsnehmer im Nachhinein anzufechten – selbst wenn Klauseln vereinbart wurden, die genau diese Anfechtung ausschließen.
Nach Expertenmeinung ist der BGH-Beschluss auf D&O-Policen übertragbar. Versicherer könnten demnach Verträge für nichtig erklären, wenn ein einzelner Manager oder das Unternehmen bei Vertragsabschluss falsche Angaben gemacht oder bekannte Pflichtverletzungen verschwiegen hat. Da in der Regel alle Vorstände und Aufsichtsräte über eine Police versichert sind, würden dann alle ihre Deckung verlieren – auch wenn sie mit der Täuschung nichts zu tun hatten. Die Gesellschaft müsste dann in laufenden Fällen nicht zahlen und könnte Zahlungen aus früheren Schäden zurückfordern.
Die Unruhe bei den Kunden ist entsprechend groß. Versicherer beteuern zwar, dass sie von ihrem Anfechtungsrecht keinen Gebrauch machen werden – und sind bereit, das schriftlich zu erklären. Es ist aber unklar, ob solche Erklärungen haltbar sind. Eigentlich dürfen die Versicherer im Interesse ihrer Aktionäre nicht einfach auf rechtliche Schritte verzichten, wenn sie damit Millionen sparen würden.
Hier soll die neue Auffangdeckung ansetzen. „Wir haben versucht, eine Lösung zu finden, die über Absichtserklärungen hinausgeht und auch rechtlichen Bestand in Konstellationen hat, in denen der Versicherer anfechten muss“, erklärt Georg Bräuchle, Geschäftsführer bei Marsh Deutschland. Für den Fall, dass ein D&O-Versicherer einen Vertrag wegen Falschangaben anficht, erklärt sich eine seiner Schwestergesellschaften bereit einzuspringen. Sie gewährt dann den Managern Deckung, die mit der arglistigen Täuschung nichts zu tun hatten. Das Schwesterunternehmen könne sich aus der Leistungspflicht nicht herauswinden, erläutert Bräuchle. Weil die Firma gar keine Risikoinformationen vom Kunden bekommen hat, kann sie sich nicht auf Täuschung berufen. „Mit dieser Konstruktion erreichen wir, dass der primäre Versicherer wirklich nicht anficht, weil dann seine Schwester aus dem Konzern das Risiko tragen muss“, sagt er.
Der Makler verhandele bereits mit Versicherern über das Modell, sagt Stefan Steinkühler, Leiter des Bereichs Financial & Professional Services bei Marsh: „Mit XL befinden wir uns schon auf der Zielgeraden, mit drei anderen Versicherer laufen die Gespräche noch.“ Nennenswerte Mehrkosten würden den Kunden durch die Auffangdeckung nicht entstehen. „Es kann sich maximal um eine symbolische Prämie handeln“, sagt Steinkühler.
Der Kölner Rechtsanwalt Theo Langheid hält das Modell für machbar, aber auch für umständlich. „Man müsste prüfen, ob nicht eine einfachere Lösung innerhalb des Originalvertrags möglich ist“, sagt er. Zudem bestehe die Gefahr, dass der BGH das Modell als Umgehungstatbestand wertet.
Quelle: Financial Times Deutschland
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