Maschmeyers früherer Finanzvertrieb soll umbenannt werden // Geschäfte laufenschlecht
Herbert Fromme , Köln
Der Schweizer Lebensversicherer Swiss Life erwägt die Umbenennung seiner Tochter AWD in Hannover. Damit würde eine der bekanntesten und zugleich umstrittensten Marken aus der deutschen Finanzszene verschwinden – und mit ihr das Vermächtnis von AWD-Gründer Carsten Maschmeyer. Nach Informationen der FTD aus Versicherungskreisen soll die endgültige Entscheidung bis November fallen. Ein Sprecher wollte keinen Kommentar abgeben.
Druck in Richtung Neustart kommt von der Konzernführung in Zürich, die sich Sorgen um ihre Beteiligung macht. In letzter Zeit laufen die Geschäfte nicht gut. Der AWD-Umsatz fiel im ersten Quartal 2012 um 18 Prozent auf 111 Mio. Euro. Nach Angaben von Insidern war der Rückgang im zweiten Quartal ebenfalls zweistellig. AWD steht mit 1,1 Mrd. Franken (0,9 Mrd. Euro) allein für den Goodwill – die Differenz aus Buchwert und Anschaffungspreis – in den Büchern der Swiss Life.
Aber auch führende Verkäufer des hierarchisch aufgebauten AWD verlangen eine Namensänderung, weil das Neugeschäft unter der Berichterstattung über Hunderte von Schadensersatzforderungen und Klagen leidet. Anleger werfen AWD vor, ihnen mit dubiosen Vertriebsmethoden und Falschberatung Verluste zugefügt zu haben. In der Kritik stehen Fondsangebote, die vor zehn bis 15 Jahren verkauft wurden, und Aktien der Immobilienfirmen Immofinanz und Immoeast in Österreich.
Die Prozesswelle verstärkt dabei einen Negativtrend, den auch andere Vertriebe wie MLP, OVB oder Formaxx spüren. Der Verkauf von Lebensversicherungen stockt, weil die Kunden sich in der Finanzkrise nicht langfristig binden wollen. In der privaten Krankenversicherung sorgt die vom Bundestag eingeführte Provisionsobergrenze von neun Monatsbeiträgen für Mindereinnahmen.
Die Namensänderung würde eine Ära beenden. AWD verkauft gegen Provision Lebens- und Krankenversicherungen sowie Finanzprodukte für Versicherer, Banken und Fondsanbieter. Der langjährige Unternehmenschef Carsten Maschmeyer machte AWD zu einer der aggressivsten und profitabelsten Vertriebsorganisationen in Deutschland. Ihm gelang es erst spät, den als Drückerkolonne beschimpften Vertrieb als seriösen Geschäftspartner hoffähig zu machen – und dann 2007 für 1,2 Mrd. Euro an Swiss Life zu verkaufen. Größte Aktionäre waren Maschmeyer und Familie.
Swiss Life braucht dringend eine Wende bei AWD. Denn die Schweizer geraten immer mehr unter den Druck der Wirtschaftsprüfer, eine erhebliche Abschreibung auf den Unternehmenswert von AWD vorzunehmen. Das würde das Ergebnis 2012 empfindlich treffen. Der Goodwill sei werthaltig, sagte der Swiss-Life-Sprecher. „Wir haben zu diesem Zeitpunkt keine Anzeichen für die Notwendigkeit einer Abschreibung.“
Allerdings gilt das nur, wenn der Tochter eine deutliche Verbesserung beim operativen Ergebnis gelingt – deshalb der Druck aus Zürich auf die Hannoveraner AWD-Spitze unter Vorstandschef Manfred Behrens. Gerade bei den Vertretern ist Behrens umstritten. Er hätte die Klagewelle durch Abfindungen preisgünstig brechen können, behaupten AWDler.
Im Gespräch ist nun auch ein Name, der Swiss Life beinhaltet. Doch angesichts des AWD-Anspruchs, unabhängig zu beraten, würde das auf heftigen Widerstand der Vertreter stoßen.
Investor Maschmeyer15
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo