Direktanbieter werben mit geringen Kosten bei Riester-Renten. Die können aberhöher ausfallen als anfangs gedacht
Riester-Renten sind wegen ihrer hohen Kosten in die Kritik geraten. Das macht sie zum idealen Produkt für Anbieter, die mit schlanken Strukturen arbeiten. Tatsächlich sind Kosten bei der Auswahl eines Vertrags ein wichtiger Anhaltspunkt. Aber sie sollten nicht der einzige sein.
Die größte deutsche Direktbank ING-Diba verkauft neuerdings Riester-Renten für den Direktversicherer Hannoversche Leben. „Wir wollen unseren Kunden den Zugang zu staatlich geförderten Altersvorsorgeprodukten ermöglichen“, sagt ein Sprecher der ING-Diba. Der Staat fördert Riester-Renten mit bis zu 154 Euro pro Jahr und noch mal mit bis zu 300 Euro pro Kind, je nach Geburtsjahr. Wegen der großen Steuervorteile ist das Produkt auch für gut verdienende Anleger interessant.
Doch jeder Euro, den der Anbieter von Beitrag und Zulagen für seine Arbeit abzieht, schmälert die künftige Rente. „Die Kosten sind bei Riester-Renten etwas höher als bei regulären Lebensversicherungen“, sagt Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik beim Analysehaus Morgen & Morgen. Das Unternehmen stellt Softwareprogramme für Versicherungsvermittler her, für die es die Angebote der Assekuranz prüft. Saal hält die höheren Kosten für gerechtfertigt. „Der Aufwand ist für die Versicherer höher“, sagt er. Sie treiben die staatlichen Zulagen ein. Um die steuerlichen Vorteile muss der Kunde sich selbst kümmern.
Bei Riester-Renten liegt die durchschnittliche Gesamtkostenquote nach Saals Angaben bei zehn bis 15 Prozent – von 1000 Euro Beitrag und Zulagen zieht der Versicherer also 100 bis 150 Euro ab. Bei anderen Lebens- und Rentenversicherungen liegt die Quote im Schnitt um ein bis zwei Prozentpunkte niedriger, sagt Saal.
Die Spannweite der Kosten ist enorm. Und zwar nicht nur von Anbieter zu Anbieter, sondern auch von Vertrag zu Vertrag bei ein und demselben Unternehmen. „Den einen besten oder schlechtesten Anbieter gibt es nicht“, sagt Saal.
Ein großer Geldfresser sind die Provisionen, die an die Vermittler fließen. Direktversicherer arbeiten ohne Vertreter und müssen deshalb keine Abschlussprovisionen zahlen. Sie haben aber hohe Werbeausgaben, denn auch ihre Policen verkaufen sich nicht von alleine. Die Hannoversche Leben hat bei ihrer regulären Riester-Rente eine Kostenquote von 6,8 Prozent. Das gilt, wenn der Kunde 30 Jahre alt ist, ab 67 die Rente bezieht und 30 000 Euro Brutto verdient. Bei der Riester-Rente, die die Hannoversche Leben über die ING-Diba verkauft, liegen die Kosten für dieses Beispiel bei 5,5 Prozent. Die Abschlusskosten seien niedriger, weil die Direktbank einen Teil der Marketingausgaben übernehme, sagt ein Sprecher der Hannoverschen Leben: „Wir geben das an die Kunden weiter.“ Die ING-Diba bekommt von der Hannoverschen Leben keine Provision, aber eine „Marketingunterstützung“. Über die Höhe wollen beide Seiten nichts sagen.
Die Kostenquote von 5,5 Prozent ist in der Tat nicht schlecht, allerdings nicht die niedrigste am Markt. Der Direktversicherer Cosmosdirekt kommt bei diesem Beispiel auf 5,45 Prozent. Am anderen Ende liegen nach Berechnungen von Morgen & Morgen Spitzenreiter mit Kosten von mehr als 20 Prozent. „Das sind die eingepreisten Kosten, nicht die tatsächlich anfallenden“, sagt Saal. Die Verträge laufen über Jahrzehnte. Möglicherweise entwickeln sich die Kosten anders als ursprünglich kalkuliert. Hat der Versicherer sich zu seinen Gunsten verrechnet, muss er die sogenannten Kostengewinne dem Kunden nicht einmal komplett zurückgeben, sondern nur zu 50 Prozent.
Die Kosten alleine sollten schon deshalb nicht das einzige Entscheidungskriterium bei der Auswahl eines Vertrags sein, sagt Saal. „Wichtig ist auch, wie der Versicherer das Kapital investiert.“ Geringe Kosten bringen nichts, wenn das übrig bleibende Kapital schlecht verzinst wird. Kunden sollten immer einen Blick auf die vom Anbieter garantierte Rente werfen, rät er. Sie spiegelt nicht nur die Kosten, sondern auch andere Parameter wie die zugrunde gelegte Rentenformel. Auch die prognostizierte Rente sei ein wichtiger Indikator.
Die ING-Diba verkauft nur die eine Riester-Rente des einen Versicherers. Andere Direktbanken arbeiten mit mehreren Anbietern zusammen. Die Comdirect bietet ihren Kunden Verträge von 21 Anbietern von Allianz bis Zurich an. Sie bekommt für die Vermittlung eine Provision. „Wir suchen für unsere Kunden den passenden Vertrag heraus“, sagt Jan Enno Einfeld, Leiter Vorsorgeberatung bei Comdirect. Entscheidend seien dabei Bedarf und Wünsche des Kunden. „Wenn er sagt, ich will den Vertrag mit der geringsten Kostenquote, dann bekommt er ihn“, sagt Einfeld. Das sei aber nicht immer sinnvoll, denn es komme auch auf andere Faktoren an. Für manche Kunden sei die Größe und Sicherheit eines Versicherers wichtig. „Sie sagen: Ich zahle vielleicht ein oder zwei Prozentpunkte mehr für Kosten, aber dafür bin ich bei einem großen Versicherer“, sagt er.
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
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