Der Ex-Ministerpräsident ordnete einst gegen den Willen seines Kabinetts dieZustimmung zu einer Steuerbefreiung im Bundesrat an. Nutznießer wäre dieHannover Rück gewesen
Herbert Fromme , Köln
Der Brief ging 2007 an Niedersachsens Ministerpräsidenten Christian Wulff und Finanzminister Hartmut Möllring. Darin erbat Wilhelm Zeller, Chef der Hannover Rück, „zweckdienliche Unterstützung“ in einer Bundesratssache über Versicherungssteuern. „Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie sich hier zugunsten der niedersächsischen (Rück-)Versicherungswirtschaft verwenden könnten“, heißt es laut Deutscher Presse-Agentur in Zellers Schreiben.
Solche Briefe schreiben Firmen jeden Tag an Politiker. Zum Aufreger wird dieser Fall nun, weil die Landesregierung in Hannover vorher beschlossen hatte, gegen einen Antrag des Landes Bayern in Sachen Versicherungssteuer zu stimmen. Möllring fürchtete den Steuerausfall. Doch ohne das Kabinett zu informieren, ordnete Wulff an, dass seine Emissäre im Bundesrat die Vorlage doch unterstützen sollten. Zwar kam die Vorlage nicht durch. Ein Geschmäckle bekommt die Sache aber dadurch, dass Wulff kaum sechs Monate später Urlaub in der toskanischen Villa von Wolf-Dieter Baumgartl machte, dem Talanx-Aufsichtsratschef. Die Hannover Rück gehört zum Talanx-Konzern.
Dabei hatte die Hannover Rück durchaus Argumente für ihre Forderung. Mit Kautionsversicherungen übernimmt die Assekuranz für Bauunternehmen oder Projektgesellschaften die Sicherheiten, die diese Firmen ihren Auftraggebern stellen müssen. Die wollen sich absichern, sollte die Baufirma pleite gehen und das Haus nicht fertigstellen können. Die sonst in Deutschland üblichen 19 Prozent Versicherungssteuer entfallen bei der Kautionsversicherung. Wenn ein Baukonzern die Deckung bei VHV, Euler Hermes oder Atradius abschließt, muss er keine Steuer auf die Prämie zahlen. „Die Banken bieten das auch ohne Versicherungssteuer an“, sagte eine Hannover-Rück-Sprecherin.
Doch braucht einer der Erstversicherer Rückversicherungsschutz für einen Teil des Risikos, sind 19 Prozent Steuern fällig. Die Rückversicherer finden das unfair. Denn schließlich handelt es sich um dasselbe Risiko. Außerdem verzerre die Steuer den Wettbewerb, in Großbritannien beträgt sie nur fünf Prozent. Kein Wunder, dass Bayern 2007 den Antrag stellte, bei Kautionsrisiken auch die Rückversicherung steuerfrei zu stellen. In München sitzt die Munich Re.
Aufgeflogen ist die Sache deshalb, weil die Hannover Rück erneut einen Brief schrieb. Ende Juni 2012 bat Vorstandschef Ulrich Wallin – Zeller ist im Ruhestand – erneut um Unterstützung in der Sache. Dabei wies er darauf hin, dass Niedersachsen vor fünf Jahren bereits mit Bayern für die Steuerfreiheit gestimmt habe. Das machte Möllring und seine Beamten stutzig. Ein neuer Wulff-Skandal war geboren.
Quelle: Financial Times Deutschland
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