Deutsche Reeder im Existenzkampf

Die schwer angeschlagene Branche ist zu zersplittert und agiert oft unprofessionell. Banken fürchten um ihre Kredite und dringen auf Fusionen

Patrick Hagen

Patrick Hagen , Hamburg

Deutsche Reeder müssen ihre hoch fragmentierte Branche dringend aufräumen und sich zusammenschließen. Sonst werden sie zu weiteren Opfern der gegenwärtigen Krise, sagten Experten am Montag auf dem Ship Finance Forum der FTD bei der SMM-Schiffbaumesse in Hamburg.

„Wir brauchen eine Konsolidierung, und die Banken müssen dabei eine sehr sichtbare und deutliche Rolle spielen“, sagte Stefan Rindfleisch von der prominenten Anwaltskanzlei Ehlermann Rindfleisch Gadow. Ohne aktive Rolle der Banken werde nichts passieren. „Wir wissen von Banken, die Druck ausüben“, sagte er weiter. Christian Nieswandt von der HSH Nordbank, dem größten Schiffsfinanzierer der Welt, bestätigte das. „Das wird auch weitergehen“, sagte der Chef der Schiffsfinanzierung bei der HSH.

Die Reeder stecken in einer schweren Krise. Ihre Einnahmen sind oft zu niedrig, um die Kredite voll zu bedienen. Die Finanzierung der Branche über Fonds ist tot, rund 100 von ihnen sind pleite. Die Banken werden von Wertberichtigungen auf Schiffskredite belastet. „Rund 50 Prozent unseres Portfolios müssen restrukturiert werden“, sagte Nieswandt.

Zusammenschlüsse sollen den Reedern das Überleben sichern. Potenzial gäbe es genügend: Es gibt knapp 400 Unternehmen, die ein bis mehrere Hundert Schiffe besitzen. Im Durchschnitt hat jede Firma nur neun Schiffe. Reeder mit nur einem oder zwei Schiffen sind keine Ausnahme.

Bislang hat es kaum Übernahmen oder Fusionen unter Reedern gegeben. Viel beachtet war der Zusammenschluss von Erck Rickmers‘ E.R. Schiffahrt mit dem kleineren Konkurrenten Komrowski zum neuen Unternehmen Blue Star. „Die Flotte ist jetzt um 50 Prozent größer als E.R. Schifffahrt“, sagte Hermann Klein, der das Unternehmen leitet. „Konsolidierung ist eine der möglichen Lösungen für die Branche.“

Die Befürworter von Zusammenschlüssen argumentieren mit Kostenvorteilen und einer besseren Verhandlungsposition gegenüber den großen Linienreedereien, an die Reeder ihre Schiffe verchartern. Die meisten deutschen Eigner organisieren die Ladung für ihre Schiffe nicht selbst, sondern vermieten an Linienreeder wie Hapag-Lloyd und Maersk Line. Die Charterraten, die sie dafür erhalten, sind wegen Überkapazitäten stark gefallen.

Nur professionell aufgestellte Unternehmen können mit Private-Equity-Investoren auf Augenhöhe verhandeln, über die Ausgabe von Unternehmensanleihen nachdenken und den Banken die immer strenger eingeforderten Informationen liefern.

„Ich habe volles Verständnis für Banken, die ihre Kunden kritisieren, weil sie kein angemessenes Reporting haben“, sagte Nikolaus Schües von der Reederei F. Laeisz.

Ohne eine solche Professionalisierung wird es für die Branche nicht möglich sein, sich neue Finanzierungsquellen zu erschließen. Da sich viele Banken aus der Finanzierung zurückziehen und der Schiffsfondsmarkt am Boden liegt, wird es für die Schifffahrt wichtig, neue Geldgeber zu finden. Zurzeit hätten die meisten Reeder keinen Zugriff auf den Kapitalmarkt, sagte HSH-Banker Nieswandt. „Aber viele arbeiten daran, sich die Voraussetzungen zu erarbeiten.“

Griechische Reeder machen vor, wie das geht. Angeliki Frangou, Chefin der Reedereigruppe Navios, hat mehr als 3,5 Mrd. Dollar bei US-Investoren an Anleihen und als Aktienkapital für die in New York gelistete Gesellschaft eingeworben. Das seien stabile Investoren, sagte sie auf der Konferenz. „Sie bleiben für längere Zeiträume, weil sie dann das Ergebnis aus guten und schlechten Jahren einfahren“ und für ihren Kapitaleinsatz eine Mischkalkulation betreiben könnten.

Erfolg mit Schiffsschrauben: Seite 4

Quelle: Financial Times Deutschland

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