Der Rückversicherungskonzern ist bereit, langjährige Kundenbeziehungen ausPreisgründen zu opfern
Herbert Fromme
Herbert Fromme , Monte Carlo
Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re will in den jetzt beginnenden Vertragsverhandlungen für das Jahr 2013 weitere Geschäftsbeziehungen aufgeben, wenn er nicht die geforderten Preise erzielt. „Wir müssen mehr denn je stabile Erträge im Kerngeschäft erwirtschaften, um die Abhängigkeit von Kapitalerträgen weiter zu reduzieren“, sagte Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek am Sonntag beim Treffen der Branche in Monte Carlo.
Bei dieser jährlichen Veranstaltung verhandeln die Rückversicherer mit Erstversicherern und anderen Großkunden über Konditionen für das kommende Jahr. Rückversicherer sind die Großhändler des Risikoschutzes. Sie decken Versicherer wie Provinzial oder Gothaer gegen Großschäden aus Stürmen und anderen Risiken ab.
Die Kapitalanlagen der Versicherungsbranche werfen angesichts des Niedrigzinsumfelds weniger ab. Das ist ein Grund dafür, dass Gesellschaften wie Munich Re auf höhere Preise pochen. Der DAX-Konzern hatte Ende 2011 für dieses Jahr in vielen Fällen Erhöhungen verlangt, teils forderte er doppelt so viel wie zuvor. Mindestens sieben mittelgroße und große Versicherer ließen sich darauf nicht ein und gingen. Damit verlor Munich Re auch jahrzehntealte Geschäftsbeziehungen. Die Kunden fanden günstigeren Schutz bei anderen Anbietern.
Das stört die Münchener nach eigenen Worten nicht. „Die europäischen Sturmrisiken haben ohnehin die niedrigsten Preise in der Welt“, sagte Vorstand Ludger Arnoldussen. „Die Tatsache, dass andere Anbieter die Risiken übernehmen, heißt nicht, dass sie richtig bepreist sind.“ Manchmal müsse man auch in alten Geschäftsbeziehungen harte Entscheidungen treffen. Munich Re gilt als Marktführer in Deutschland, auch wenn keine genauen Statistiken vorliegen. Im Jahr 2011 erzielte der Konzern hier 1,3 Mrd. Euro Rückprämie.
Die harte Linie gilt auch für Risiken, die Munich Re für schwer versicherbar hält: Bei der Absicherung von Banken und ihren Managern gegen Haftpflichtrisiken sei man sehr vorsichtig, sagte Jeworrek. Er nannte den Skandal um Manipulationen des Interbankenzinses Libor als einen Beleg für die Probleme der Geldhäuser. Auch bei der Kredit-Rückversicherung sei Munich Re „sehr zurückhaltend“.
Jeworrek mahnte von der Versicherungsbranche fundamentale Änderungen bei der Lebensversicherung an. Bei den klassischen deutschen Policen garantiert der Versicherer einen lebenslänglichen Zins. Er beträgt heute 1,75 Prozent, lag aber auch schon bei vier Prozent. Im Durchschnitt müssen deutsche Gesellschaften ihren Kunden die Sparanteile mit 3,3 Prozent garantiert verzinsen.
„Das heutige Produkt ist nicht überlebensfähig, weil man das Geld für die Garantien nicht verdienen kann“, sagte Jeworrek. „Es muss verändert werden, weg von den Garantien und hin zu einem Produkt, bei dem der Kunde die Kapitalanlagerisiken trägt.“ Die Tochter Ergo erarbeite derzeit entsprechende Angebote.
Jeworrek sagte, der Konzern bereite sich in der Euro-Schuldenkrise auf alle Eventualitäten vor. Am schlimmsten sei die Vorstellung, der Euro breche auseinander. Auch die negativen Realzinsen, bei denen in einigen Ländern die Inflation die nominalen Zinsen übersteigt, seien sehr negativ: „Die höheren Schadenlasten werden dann nur teilweise durch Investmentgewinne ausgeglichen.“ Munich Re arbeite an Notfallplänen. Dazu gehöre die entsprechende Ausrichtung der IT und der Vertragsklauseln.
Zur den fortdauernden Berichten über Reisen von Ergo-Vertretern mit Besuchen von Bordellen und Swingerklubs sagte Jeworrek, er sei von keinem Kunden darauf angesprochen worden. „Unsere Kunden können da unterscheiden.“ Ein Sprecher fügte hinzu, die aktuellen Berichte enthielten nichts Neues.
Quelle: Financial Times Deutschland
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