Normalerweise beherrscht der Streit über die Preise das jährlicheRückversicherungstreffen in Monte Carlo. Heute macht sich die Assekuranz Sorgenüber die Folgen eines Euro-Zusammenbruchs
Herbert Fromme
Herbert Fromme , Monte Carlo
Zum Abschluss wird es dann doch noch hektisch beim großen Auflauf der Rückversicherungsbranche in Monte Carlo. Der britische Versicherungsmarkt Lloyd’s of London lädt ein zum Champagnerempfang auf die Terrasse des noblen Hotel de Paris. Zum selben Zeitpunkt bittet Jean-Philippe Thierry vom Veranstaltungskomitee des jährlich abgehaltenen Treffens zum Empfang auf das Dach des Hotels Fairmont mit Starkoch Philippe Joannès.
Dieses bisschen Partystress ist aber auch schon alles. Was für ein Abstieg – in früheren Zeiten war die Veranstaltung, bei der die Rückversicherungsverträge für das jeweils kommende Jahr verhandelt werden, schon Schauplatz dramatischer Szenen. Firmenpleiten und Großübernahmen wurden hier bekannt. Und in den meisten Jahren zelebrierten die Konzerne das Feilschen um Konditionen auf hohem Niveau – mit milliardenschweren Folgen.
Doch in diesem Jahr herrscht eine dumpfe Ruhe. Äußerlich scheint alles wie immer, es gibt Dinnerpartys, Cocktails, Frühstücksempfänge und Tausende von Geschäftsterminen im kleinen Kreis. Der Weltmarktführer Munich Re sponsert Testfahrten mit Elektro-Sportwagen des amerikanischen Autobauers Tesla. Von null auf 100 unter vier Sekunden. Und wie immer wird auch diesmal über die Preise geredet.
Aber in Wirklichkeit haben die Rückversicherer und ihre Kunden ganz andere Probleme. Die Sorgen wegen der Euro-Schuldenkrise überlagern alles. „Natürlich müssen wir alle möglichen Szenarien durchrechnen, dazu gehört auch ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone“, sagt Denis Kessler, Chef des französischen Rückversicherers Scor. Man glaube aber nicht daran. „Wir sind mitten in einem höchst turbulenten Umfeld in der globalen Wirtschaft und auf den Finanzmärkten“, so Michel Liès, Swiss-Re-Chef.
Der Wettkampf der Rückversicherungsgiganten wird normalerweise über den Preis ausgetragen. Dabei spielte die Finanzstärke zwar schon immer eine Rolle. Aber heute überragt sie alles. Drei Jahre Niedrigzinsen haben sich in die Bilanzen gefressen. Sollte der Euro zerbrechen, träfe das die milliardenschweren Kapitalanlagen der Rückversicherer. Vergangenes Jahr mussten sie 105 Mrd. Dollar für Katastrophen wie das Erdbeben in Japan und Hurrikans in den USA zahlen. Das haben sie weggesteckt. Der neue Sturm kommt aus den Finanzmärkten – er kann an die Existenz gehen.
Die Rückversicherer machen sich daher wetterfest. Sie werben damit, dass ihr Schiff am sichersten ist und den Versicherern den größten Schutz bietet. Im privaten Gespräch geben sie zu, dass es einen entscheidenden Haken gibt: Wie genau dieser Sturm aussieht, wie schwer er wird und ob die Mechanismen greifen, wissen sie auch nicht.
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo