Berlin beugt sich im Streit um Autohaftpflicht

Pläne des Finanzministeriums, Eigenbeteiligungen großer Autoflottenbetreiberzu besteuern, sind vom Tisch

Friederike Krieger

Friederike Krieger , Köln

Firmen mit Fahrzeugflotten sowie Autoversicherer können aufatmen: Die vom Bundesfinanzministerium (BMF) geplante Besteuerung der Selbstbehalte in der Kfz-Haftpflichtversicherung ist höchstwahrscheinlich vom Tisch. In einer Beschlussempfehlung zu dem entsprechenden Gesetzentwurf aus dem BMF sieht der Finanzausschuss des Bundestags die ersatzlose Streichung der Passage vor.

Unternehmen mit großen Fahrzeugflotten wie Autovermietungen hätte die Regelung stark belastet – insbesondere über den zusätzlichen administrativen Aufwand, nach jedem Schadenfall die Versicherungssteuer auf den tatsächlich gezahlten Selbstbehalt abzuführen. Stefan Schuchardt etwa, beim Autovermieter Europcar für Steuern zuständig, hatte die Zusatzbelastung für sein Unternehmen durch die neue Regelung jüngst auf einen hohen einstelligen Millionenbetrag geschätzt. Die Industrie war, ebenso wie die Assekuranz, daher gegen die Pläne Sturm gelaufen, den Selbstbehalt künftig zu besteuern.

Mit der Eigenbeteiligung verpflichten sich Firmen, einen gewissen Teil der Schäden selbst zu tragen. Das kommt Unternehmen und Versicherern entgegen: Für die Firmen verbilligt sich die Prämie, während die Assekuranz Selbstbehalt als Steuerungsinstrument schätzt. Die Versicherer hoffen, dass ein Unternehmen Mitarbeiter zu einer vorsichtigeren Fahrweise anhält, wenn es einen Teil der Rechnungen selbst zahlen muss.

Auf diese Selbstbehalte hätten die Unternehmen nach den Plänen des Finanzministeriums künftig 19 Prozent Versicherungssteuer zahlen sollen. Normalerweise wird die Abgabe nur auf Versicherungsprämien erhoben. Nach Ansicht des Finanzministeriums ist aber der Selbstbehalt wie die Prämie auch die Gegenleistung dafür, dass der Versicherer im Außenverhältnis, also gegenüber dem Geschädigten, den gesetzlich vorgeschriebenen Haftpflichtdeckungsschutz gewährt. Deshalb müsse auch der Selbstbehalt besteuert werden, hatte das BMF argumentiert.

Die Pläne sind nun aller Voraussicht nach vom Tisch. „Angesichts des Ergebnisses der öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf wird auf diese Regelung verzichtet“, heißt es in dem Bericht des Finanzausschusses des Bundestages. Nun muss das Plenum dem sogenannten Verkehrssteueränderungsgesetz zustimmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Bundestag in der für Donnerstagabend geplanten Abstimmung diese Fassung annimmt, ist groß. Im Finanzausschuss haben sich alle Fraktionen einstimmig für den von CDU/CSU und FDP vorgeschlagenen Antrag zur Streichung der Selbstbehaltsbesteuerung ausgesprochen.

„Wir begrüßen die Änderung des Gesetzentwurfs ausgesprochen“, sagte Philipp Andreae, Geschäftsführer des Deutschen Versicherungs-Schutzverbands (DVS), der Interessenvertretung der versicherungsnehmenden Industrie. „Die Besteuerung des Selbstbehalts hätte zu einer starken Belastung der versicherungsnehmenden Wirtschaft geführt.“

Auch Pläne für eine geänderte Besteuerung von Versicherungspaketen, die Personen- und Sachpolicen kombinieren, werden voraussichtlich nicht umgesetzt. Generell gilt: Beiträge zu Lebens-, Renten- und Krankenversicherungen sowie Berufs- und Erwerbsunfähigkeitspolicen sind versicherungssteuerfrei. Wenn diese Policen im Bündel mit steuerpflichtigen Policen verkauft werden, sollten sie nach den ursprünglichen BMF-Plänen nur dann steuerfrei bleiben, wenn die einzelnen Komponenten im Paket rechtlich selbstständige Verträge sind. Das ist meist nicht der Fall. Die Pakete umzugestalten hätte den Verwaltungsaufwand für die Versicherer und die Preise für die Bündelprodukte erhöht.

Nach der aktuellen Beschlussempfehlung des Finanzausschusses im Bundestag soll die alte Regelung beibehalten werden. Danach reicht es aus, die auf die einzelnen Komponenten entfallende Prämienanteile im Vertrag sauber aufzuschlüsseln, damit steuerfreie Verträge steuerfrei bleiben können.

„Wir begrüßen, dass es bei Versicherungspaketen keine Verschärfung gibt, die letztlich eine Steuererhöhungen für Kunden bedeutet hätte“, sagte Jürgen Wagner vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft.

Quelle: Financial Times Deutschland

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