Platz 2Mit Disziplin und Bodenständigkeit hat sie es als erste Frau in denAllianz-Vorstand geschafft
Herbert Fromme
Herbert Fromme , Köln
Verhandeln kann sie – wenn nötig Tag und Nacht. Als die Allianz 1999 den Lebensversicherer Jeil Life in Korea übernahm, gehörte Helga Jung zum Verhandlungsteam vor Ort. Tagsüber saß sie in der Delegation des heutigen Konzernchefs Michael Diekmann, damals Leiter der Region Asien-Pazifik. Nachts feilte Jung die Details auf Arbeitsebene nach. Vier Tage und Nächte ohne Schlaf forderten ihren Tribut – als der Deal erfolgreich eingetütet war, mussten Diekmann und ein Berater der Allianz Jung in das Flugzeug tragen. Sie war einfach eingeschlafen.
Eiserne Disziplin und ihr umfassendes Wissen über Zahlenwerke und Zusammenhänge qualifizieren die Managerin, die es als erste Frau in den Vorstand des 121 Jahre alten Münchner Versicherers geschafft hat. Sie vereint das mit einer durch und durch ausgeprägten Bodenständigkeit. „Eine echte Bajuwarin aus dem Allgäu“, urteilt ein Kollege. Der faire, direkte Umgang mit Kollegen und Mitarbeitern wird im Konzern ebenso gelobt wie die Art, Arbeit direkt anzupacken – und nicht auf jemanden zu warten, bei dem sie das Thema vielleicht abladen könnte.
Vor ihrem BWL-Studium und der anschließenden Promotion hatte Jung zunächst eine Lehre zur Bankkauffrau bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank absolviert, die inzwischen als Hypovereinsbank zur italienischen Unicredit gehört. Der Kreis schließt sich, denn heute sitzt die einstige Azubi dort im Aufsichtsrat.
Bei der Allianz fing Jung 1993 an. Zu ihren wichtigsten Stationen zählten zunächst die Bereiche Finanzen Ausland und Corporate Finance. Im Jahr 2000 gelang ihr der Sprung an die Spitze der Abteilung Mergers und Acquisitions. Anfang dieses Jahres wurde die 51-Jährige schließlich in den Vorstand berufen. Dort verantwortet sie einen ganz Strauß an Ressorts: das Versicherungsgeschäft in Spanien, Portugal und Lateinamerika, außerdem ist sie weiterhin für ihren vorherigen Bereich Fusionen und Übernahmen zuständig, daneben für strategische Beteiligungen, für die Rechtsabteilung und die Compliance.
Mit Jung kann Allianz-Chef Diekmann sich schmücken. Schließlich hat er die Parole ausgegeben, dass der Anteil der Frauen auf Führungsebenen im Konzern bis 2015 bei 30 Prozent liegen soll. Der demografische Wandel zwingt auch die Allianz, Managerinnen stärker zu fördern. Das korrespondiert laut Diekmann auch mit dem Großteil der weiblichen Kunden.
Jung selbst hält von einer „starren und branchenübergreifenden Frauenquote“ nicht viel. Besser sei die freiwillige Selbstverpflichtung der DAX-30-Unternehmen, sagte sie kürzlich in einem Interview. „Am Ende aller Tage muss die Qualifikation entscheiden, nicht das Geschlecht.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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