Die Infektionszahlen gehen endlich deutlich nach unten, und es gibt sogar schon vorsichtige Überlegungen für den Sommerurlaub. Trotzdem ist die Corona-Pandemie noch nicht vorbei, das gilt insbesondere für Auswirkungen auf die Wirtschaft und mögliche Insolvenzen. Grund zur Sorge um die betriebliche Altersversorgung (bAV) gibt es aber nicht, sagten Experten bei einer Diskussionsveranstaltung des Deutschen Institutes für Altersvorsorge (DIA). Das deutsche Absicherungssystem für bAV-Ansprüche sei vorbildlich. Das spiegelt sich auch in den Zahlen wider: bAV-Angebote befinden sich aktuell im Aufschwung.
So langsam scheinen wir die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen, die Infektionszahlen sinken, die Impfrate steigt. Allerdings ist noch nicht abzusehen, wie sehr die Wirtschaft tatsächlich unter der Krise gelitten hat. Einige Experten rechnen mit einer Insolvenzwelle. Seit April ist die Insolvenzmeldepflicht nicht mehr ausgesetzt. Viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sorgen sich deshalb um ihre betriebliche Altersversorgung (bAV). Doch dazu gibt es keinen Grund, waren sich Experten bei einer Diskussionsveranstaltung des Deutschen Institutes für Altersvorsorge (DIA) einig.
„Wir sind in Deutschland in der glücklichen Lage, dass die Anwartschaften bei Insolvenz des Arbeitsgebers ziemlich umfänglich geschützt sind“, sagte Henriette Meissner, Geschäftsführerin der Stuttgarter Vorsorge-Management GmbH.
Zu den Sicherungsmechanismen gehört unter anderem der Pensionssicherungsverein (PSV). Er sichert Betriebsrenten für den Fall einer Unternehmensinsolvenz ab. In dem Verein müssen alle Unternehmen Mitglied sein, die Beschäftigten eine Betriebsrente über die Durchführungswege Direktzusage, Unterstützungskasse, Direktversicherung und Pensionsfonds versprechen. „Auf der anderen Seite gibt es bei der Direktversicherung sogenannten Bezugsrechte, die einen besonderen Schutz für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen darstellen“, so Meissner. „Das heißt, wir sind rundherum ziemlich gut aufgestellt.“
Auch im internationalen Vergleich steht die deutsche Insolvenzabsicherung sehr gut da, ergänzte Hans Melchiors, ehemaliger Vorstand des PSV. Ähnliche Systeme wie in Großbritannien, Schweden oder auch der Schweiz seinen weniger umfangreich.
England, Schweden und Schweiz können nicht mithalten
Beim britischen Pension Protection Fonds sei die Höhe der Sicherung nur etwa halb so hoch wie in Deutschland, sagte Melchiors.
In Schweden handle es sich eher um ein privatrechtliches Versicherungsverhältnis. „Da kommt es, was die Beitragszahlungen angeht, sehr stark auf die Situation des jeweiligen versicherten Unternehmens an“, erklärte er. „Da steigen die Beiträge auch mal sehr stark, wenn es dem Unternehmen schlecht geht, und der Versicherungsschutz kann sogar verloren gehen.“
In der Schweiz wird, anders als beim PSV, die Pensionskasse selbst abgesichert. Der PSV hingegen sichert die Ansprüche der Beschäftigten ab. „Insofern ist die Insolvenzsicherung in Deutschland etwas Einzigartiges.“
Aktuell haben in Deutschland rund 11 Millionen Menschen aus rund 95.000 Unternehmen Insolvenzschutz über den PSV. Ab 2022 kommen rund 2,3 Millionen Personen hinzu. Dann werden auch regulierte Pensionskassen über den PSV abgesichert.
Momentan sind die Insolvenzzahlen, entgegen der Erwartungen, sehr niedrig. Für den PSV hat das aber wenig zu bedeuten. „Eine große Insolvenz im zweiten Halbjahr kann sich für die Mitglieder durchaus sehr schnell und sehr stark auswirken“, sagte Melchiors. Grund dafür ist, dass einige sehr große Unternehmen Mitglied in dem Verein sind, wie sich an den Zahlen zeigt: Fünf Prozent der Mitglieder zahlen 90 Prozent des Beitrags.
Auch wenn die Erfahrung gezeigt hat, dass größere Insolvenzen meistens nicht während einer Krise auftreten, sondern erst danach, rechnet der ehemalige Vorstand nicht damit, dass sich der Beitrag für den Verein in den kommenden Jahren über Gebühr erhöhen wird. Der PSV sei auch für eine Krise gerüstet. Dabei bezieht sich Melchiors unter anderem auf einen Ausgleichsfonds, der vor einigen Jahren eingerichtet wurde. Immer wenn der Beitragssatz über fünf Promille steigt, greift der Verein darauf zurück. Der Fonds umfasst rund 3,2 Mrd. Euro.
Beitrag bleibt stabil
Melchiors rechnet damit, dass der der PSV-Beitragssatz voraussichtlich auf dem Niveau des Vorjahres bleiben oder etwas darunter liegen wird. Das sei auch den Maßnahmen der Bundesregierung zur Unterstützung der Unternehmen zu verdanken.
Im vergangenen Jahr war der Beitragssatz auf 4,2 Promille angestiegen, dem zweithöchste Beitrag in der Vereinsgeschichte. Das schreibt Melchiors allerdings nicht der Pandemie zu, sondern Entwicklungen wie Rezessionsansätzen aus dem Vorjahr.
Auch von Seiten der Versicherer und Pensionskassen sehen die Experten keine Gefahr für Betriebsrenten. Zum einen könne die Finanzaufsicht BaFin Sanierungsmaßnahmen anordnen, sagte Meissner von der Stuttgarter Vorsorge-Management GmbH. Zum anderen schütze Protektor die Ansprüche der Versicherten. „Entscheidend besonders für die bAV dabei ist, dass die Verträge, so wie sind, erhalten bleiben“, erklärte sie.
Grundsätzlich sehen die Experten die bAV nach der Krise bereits wieder im Aufwind. „Momentan sieht es so aus, dass viel Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen schon wieder sehr optimistisch in die Zukunft blicken“, sagte Meissner. Sie richten betriebliche Altersversorgung für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, berichtete sie. „Wir sehen, dass die Zahlen für die Neueinrichtung von bAV fast explodieren.“
Nina Nöthling
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