Langwierige Abfragen und technische Probleme. Von Herbert Fromme, Köln
„Bei mehr als 60 Prozent der Autoversicherer werden die Kundendaten im Tarifrechner nicht verschlüsselt“
Michael Steinke, Vorstand Diractive
Wer eine Autoversicherung per Internet kaufen will, braucht Ausdauer, Geschick und Mut. Viele Versicherer machen ihre Online-Abfragen und Abschlüsse unnötig kompliziert und langwierig. Bei 30 Prozent der so genannten Tarifrechner, mit denen der potenzielle Kunde Preisberechnungen im Internet durchführen kann, erlebt er sogar technische Probleme – Eingaben werden nicht angenommen oder der Browser stürzt ab. „Bei 32 Prozent lässt sich der Tarifrechner nicht anonym nutzen, bei mehr als 60Prozent werden die Daten nicht verschlüsselt“, sagte Michael Steinke, Vorstandschef des Beratungsunternehmens Diractive. Das heißt, der Kunde muss dem Internet und dem Versicherer persönliche Daten anvertrauen, auch wenn er noch nicht weiß, ob er bei dieser Gesellschaft überhaupt abschließen will. „Das ist eine sehr hohe Hürde für den Kunden“, sagte Steinke. Die Ausdauer wird ebenfalls beansprucht: Durchschnittlich verlangen die Versicherer für ihre Preiskalkulation 36 Angaben, die eingetippt werden müssen – bei der Europa sind es nur 12, bei der Sicher Direct dagegen 54. „Dabei gibt es viele irrelevante Fragen, die nichts mit der Tarifberechnung zu tun haben.“ Die Folge: langwierige Ausfüllaktionen mit hohen Absprungraten von Kunden, die dann doch lieber auf die Preisabfrage verzichten.
Diractive untersuchte die Internet-Präsenz der 131 wichtigsten deutschen Autoversicherer. Von ihnen haben 90 einen eigenständigen Web-Auftritt. „Von den 90 bieten nur 26 Prozent die Möglichkeit zur individuellen Prämienermittlung, bei weiteren 28 Prozent kann sich der Nutzer wenigstens ein Angebot aufgrund seiner einzugebenden Merkmale zukommen lassen“, sagte Steinke. Knapp die Hälfte biete noch keinen Online-Vertrieb. „Aber 25 Prozent planen die Einführung der Online-Tarifierung noch 2001.“
Steinke glaubt, dass der Online-Markt für Autoversicherungen schon bald 1 bis 2 Mrd. DM Prämien jährlich ausmachen könnte – das entspräche einem Anteil von 2,5 bis 5 Prozent am Gesamtmarkt von 39,6 Mrd. DM. Zur Zeit dürfte er bei einem Prozent liegen.
Die Assekuranz muss dazu ihr Web-Angebot allerdings deutlich verbessern, glaubt Steinke. Die Bedienungsoberfläche der Online-Rechner sei oft inkonsistent und mühselig für den Nutzer. Als positive Ausnahme nannte Steinke die Allstate, als negatives Beispiel die HUK Coburg (vor der Einführung des HUK-24-Angebots). Allerdings fehle der Allstate ein transparentes Abschlussverfahren.
Vorbildlich beim Direktabschluss seien dagegen Deutsche Allgemeine, Gerling, Sicher Direct, Sparkassen Direkt und die Alternative. Andere Versicherer müssten sich mehr Mühe geben bei der Erstellung von Online-Produktinformationen. Denn immer noch werden auch von Kunden, die online den ersten Kontakt hatten, 80 Prozent der Policen offline abgeschlossen. „Das Internet ist dann vor allem Informationsmedium.“
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo