Streit um Privatisierung der Versicherung PZU. Von Herbert Fromme, Köln
„Der Schadenersatz, den wir verlangen,könnte sich auf 200 Mio. bis2 Mrd. Zlotybelaufen“ Eine Sprecherin der Versicherung Eureko
Die Versicherungsgruppe Eureko mit Sitz in Amsterdam bereitet eine Klage gegen die polnische Regierung wegen des Bruchs des Privatisierungsvertrags für die staatliche Versicherungsgruppe Powszechny Zaklad Ubezpieczen (PZU) vor. Das bestätigte eine Unternehmenssprecherin der Financial Times Deutschland. Die Eureko will von Warschau Schadenersatz erstreiten, der „zwischen 200 Mio. und 2 Mrd. Zloty betragen könnte“, sagte sie. Das sind 100 Mio. bis 1 Mrd. DM. Die genaue Summe hänge von der Bewertung des Schadens ab, er soll von Wirtschaftsprüfern berechnet werden. Die Eureko liegt im Clinch mit Andrzej Chronowski, der seit August Finanzminister ist.
Mit rund 60 Prozent Marktanteil ist die PZU der größte Versicherer des Landes. Im November 1999 hatte die Eureko, die Nummer 14 in Europa, überraschend zusammen mit der polnischen BIG Bank einen Anteil von 30 Prozent an der PZU erworben und dabei wesentlich größere Rivalen ausgestochen. Für 656 Mio. $ erhielt das Konsortium neben den 30 Prozent ein Vorkaufsrecht auf weitere 20 Prozent und die Hälfte der Aufsichtsratssitze.
Doch jetzt will Chronowski den Privatisierungsvertrag mit Eureko per Gericht aufheben lassen. Sein schwer nachvollziehbarer Vorwurf: Eureko, zu deren Aktionären die portugiesische Banco Comercial Portugues (BCP) gehört, habe den Anteil an der PZU nur gekauft, um indirekt Einfluss auf die Bank BIG zu nehmen. An ihr ist wiederum die PZU beteiligt. Um die Kontrolle über die BIG war es Anfang 2000 zum Krach gekommen. Auf der siegreichen Seite stand unter anderem die BCP, auf der anderen die Deutsche Bank.
Die Affäre hat in Polen inzwischen zu großer Besorgnis geführt. Ausländische Investoren könnten durch das Vorgehen Chronowskis abgeschreckt werden, heißt es in der Presse. Hintergrund ist eine politische Kabale. Das alte PZU-Management unter Wladyslaw Jamrozy hat viele Freunde in der gegenwärtigen Mitte-Rechts-Regierung – das zeigte sich, als Jamrozy kurz nach seinem von Eureko erzwungenen Abgang im Sommer 2000 mit dem Chefposten bei der staatlichen Lotterie Totalizator Sportowy belohnt wurde. Dramatisch ist die Lage bei der Lebensversicherungstochter PZU Zycie. Deren Management unter Grzegorz Wierczerzak vermochte es monatelang, die Einberufung einer Hauptversammlung trotz des ausdrücklichen Wunsches des neuen PZU-Chefs Jerzy Zdrzalka zu verhindern, obwohl die PZU 99 Prozent der Aktien besitzt. Als die Hauptversammlung nach Intervention der Versicherungsaufsicht am 31. Oktober endlich stattfand und einen neuen Aufsichtsrat wählte, wurde Wierczerzak sofort seiner Ämter enthoben – zog aber am 9. November wieder in sein Büro ein, weil ein Gericht die Wahl des Aufsichtsrats für ungültig erklärt hatte.
Finanzminister Chronowski will für die PZU und vor allem die PZU Zycie einen anderen Partner als Eureko finden, der dann auch die Interessen des angestammten Managements ernst nimmt – und seine guten Kontakte zur Regierungspartei AWS.
Quelle: Financial Times Deutschland
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