NRW-Finanzminister Peer Steinbrück gab sich diplomatisch. Die gerade für gescheitert erklärten Fusionsgespräche zwischen den beiden Provinzial-Versicherungsgruppen in Münster und Düsseldorf könne er nicht kommentieren. Er halte unter kaufmännischen Gesichtspunkten ein Zusammengehen zwar für sinnvoll, doch sei das Sache der Gewährträger, erklärte er vor zwei Wochen in Münster. Er stehe als Moderator zur Verfügung, wenn er gefragt werde, sagte er den „Westfälischen Nachrichten“.
Die Zurückhaltung ist gespielt. Steinbrück steckt mitten im Poker um das Zusammengehen der beiden erfolgreichen öffentlichen Versicherer. Der Schlüssel für den Zusammenschluss liegt in der Strukturreform der WestLB, die Steinbrück nach der Einigung mit Brüssel über Gewährträgerhaftung und Anstaltslast jetzt vollziehen muss.
Die öffentlichen Versicherer gehören zur Sparkassen-Finanzgruppe. Sie arbeiten nach einem strikten Regionalprinzip, machen sich also keine Konkurrenz. Zwar kooperieren die Öffentlichen schon in vielen Feldern, aber der Druck zur Schaffung größerer Einheiten nimmt zu. Die Neuordnung der deutschen Finanzdienstleister-Landschaft – wie die Übernahme der Dresdner Bank durch die Allianz – verschärft die Konkurrenzsituation. Dazu kommt für die beiden Provinzial-Gruppen in Nordrhein-Westfalen ein besonderer Faktor: Nur zusammen wären sie stark genug, als Kraftzentrum innerhalb der Öffentlichen der Vormachtstellung der Versicherungskammer Bayern Paroli zu bieten.
Die letzte Runde der Fusionsgespräche scheiterte – Münster besteht als größere Gesellschaft auf der westfälischen Heimatstadt als Sitz der neuen Gruppe. Damit können sich vor allem die rheinischen Kommunen, die über den Landschaftsverband Rheinland 32,7 Prozent der Provinzial Düsseldorf halten, nicht anfreunden.
Doch schon bald könnten die Gemeinden gezwungen sein, einer Fusion zuzustimmen – weil sie auf keinen Fall ihren Einfluss auf die WestLB verlieren wollen. Hier kommt wieder Finanzminister Steinbrück ins Spiel. Die Frage, wie mit dem 1992 bei der WestLB eingebrachten Wohnungsbau-Fördervermögen (WfA) umgegangen werden soll, beschäftigt ihn mehr als er zugeben möchte. Die EU hat NRW zur Rückzahlung verdonnert, eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, bei dem die Sache inzwischen anhängig ist, wird erst für Sommer 2002 erwartet. Die WestLB-Miteigentümer aber wollen die WfA-Frage nicht von der Entscheidung über die künftige Struktur der WestLB abkoppeln, weil sie befürchten, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.Nach den Plänen ihrer Eigentümer soll die WestLB in eine öffentlich-rechtliche Muttergesellschaft und eine privatrechtliche Geschäftsbanktochter aufgespalten werden. Mit dem Prozedere für die notwendigen Gesetzesänderungen soll bereits im September begonnen werden. Kurz zuvor, am 1. September, wird der neue WestLB-Vorsitzende Jürgen Sengera den langjährigen Chef Friedel Neuber ablösen.
Nach den Gedankenspielen im WestLB-Gewährträgerkreis könnte das als Kernkapital anerkannte WfA-Vermögen nun einfach in marktgerecht zu verzinsendes Stammkapital umgewandelt werden. Im Gegenzug für das so vom Land neu eingebrachte Sachvermögen würde dessen Kapitalanteil erheblich aufgestockt – das Land hielte weit mehr als 50 Prozent.
Damit wäre allerdings das Gleichgewicht der Kräfte im Eigentümerkreis der größten deutschen Landesbank zwischen Land, Sparkassen und Kommunen beendet. Vor allem die beiden Kommunalverbände hätten vermutlich erhebliche Mühe, das alte Anteilsverhältnis durch Bareinlage wiederherzustellen.
Da bieten sich die beiden Provinzial-Versicherungen als „Währung“ an. Rechnerisch ginge das ungefähr auf, weil der Wert der beiden Regionalversicherer auf rund 5 Mrd. DM taxiert wird. Das haftungsrechtlich als Kernkapital anerkannte WfA-Vermögen beläuft sich auf 4 Mrd. DM.
Die Düsseldorfer Landesbank würde durchaus davon profitieren, sollte die Provinzial-Versicherung unter ihr Dach schlüpfen müssen. Die Gruppe gilt als begehrte Ertragsquelle. Noch will niemand offen über derlei Überlegungen sprechen. Doch haben sich die Gewährträger der WestLB in der jüngeren Vergangenheit bereits als recht streitbar erwiesen, wenn es darum ging, ihre Anteile an der WestLB gegenüber dem Land zu verteidigen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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