Institut tauscht Herold gegen Vermögensverwalter Scudder – Abschied von Lebensversicherungen. Von Herbert Fromme, Zürich
Die Deutsche Bank und die Zürich-Gruppe stehen vor einem großen Tauschgeschäft, mit dem die Deutsche Bank sich aus dem operativen Versicherungsgeschäft verabschieden würde. Nach Informationen der Financial Times Deutschland soll die Deutsche Bank von der Zürich Gruppe deren US-Vermögensverwaltung Scudder übernehmen. Zurich Financial Services (ZFS) soll dafür den Deutschen Herold erhalten, die Versicherungsgruppe der Deutschen Bank. Zusätzlich ist vorgesehen, dass die Bank eine Barsumme an die ZFS zahlt.
Der Gesamtwert des Geschäfts wird auf rund 3 Mrd. $ geschätzt. Über die Höhe der Barzahlung verhandeln beide Seiten noch. Allerdings dürfte sie nach FTD-Informationen über 1 Mrd. $ liegen.
Die Verhandlungen sollen innerhalb von zwei Wochen abgeschlossen sein. Wichtiger Teil ist die künftige Zusammenarbeit: Die Deutsche Bank soll Lebensversicherungen der vergrößerten deutschen Zürich-Gruppe verkaufen, die Zürich ihrerseits Scudder-Fonds in Europa.
Neben der Deutschen Bank hatten auch der angloamerikanische Finanzdienstleister Amvescap und ein unbekannter Dritter Gebote für Scudder abgegeben.
ZFS und Deutsche Bank wollten zu den Informationen nicht Stellung nehmen. ZFS-Chef Rolf Hüppi sagte gestern bei der Vorlage der Halbjahreszahlen, die „Prüfung der Optionen“ für das Vermögensverwaltungsgeschäft stehe kurz vor dem Abschluss.
Kommt der Tausch zustande, erhält die Deutsche Bank einen Vermögensmanager der mehr als 360 Mrd. $ verwaltet, allerdings in den vergangenen Monaten stärker als Konkurrenten unter dem Abzug von Anlagegeld litt.
Gleichzeitig wüchse die Zürich-Gruppe in Deutschland, wo sie seit Jahren zulegen will, zu einer Versicherungsgruppe mit rund 5,9Mrd. Euro Prämieneinnahmen. Gemessen an den Zahlen für das Jahr 2000 wäre sie damit die Nummer acht im Markt.
Deutscher Herold und Zürich ergänzen sich: Der Herold ist mit 3,4 Mrd. Euro die Nummer 13 im deutschen Markt, Zürich mit 2,5 Mrd. Euro die Nummer 17. Gestützt auf die Vertriebskraft der Deutschen Bank gehört der Herold zu den am schnellsten wachsenden Lebensversicherern. Mehr als 80 Prozent der Bruttoprämien entfallen auf diese Sparte. Die ZFS ist vor allem im Schaden-und Unfallgeschäft aktiv.
Mit dem Tausch würde die Deutsche Bank ihren 1989 begonnenen Ausflug in die Versicherungsbranche beenden. Sie hatte damals eine Lebensversicherung gegründet. 1992 kaufte sie den Deutschen Herold. Außerdem hält die Bank 30 Prozent am Gerling-Konzern und 26 Prozent an der Nürnberger. Von beiden Anteilen will sie sich trennen.
Die Deutsche Bank schlägt damit einen anderen Weg ein als der Rivale Allianz, der die Dresdner Bank übernahm. Die Deutsche Bank unter ihrem Chef Rolf-E. Breuer glaubt offenbar nicht an den Aufbau eines Allfinanz-Konzerns durch Übernahmen.
Die Zürich-Gruppe zieht sich ihrerseits aus einem Geschäftsfeld zurück, in das sie erst 1997 vorgestoßen war. Konzernchef Hüppi sagte, die Gruppe habe ihre Strategie nicht verändert, allerdings sei der Markt anders. Der Konzern wolle Kunden weiter gegen Risiken versichern und auch im Vermögensaufbau und in der Altersvorsorge beraten. Allerdings arbeite man jetzt mit Plattformen, die für Drittprodukte offen seien. Der Konkurrenzdruck sei für „Hersteller“ von Finanzdienstleistungen wie Asset Manager höher als für die Vertriebsseite, begründete er die geplanten Veränderungen bei Scudder.
Die ZFS-Aktie war seit Anfang des Jahres nach mehreren Gewinnwarnungen Turbulenzen ausgesetzt. Hüppi hatte im März ein Deinvestitionsprogramm angekündigt, das 4 Mrd. $ in die Kasse bringen soll. Das Geld soll zur Verbesserung der Finanzstruktur und zur Finanzierung von Wachstum genutzt werden.
Im Zuge der Bereinigung wird ein großer Teil des Rückversicherungsgeschäfts unter der Marke Zurich Re in eine separate Firma eingebracht. Sie soll mit Töchtern in Deutschland und den USA zur Gruppe Converium zusammengeschlossen und im vierten Quartal an die Börse gebracht werden. Im ersten Schritt will Hüppi „mindestens 70 Prozent“ abgeben, langfristig 100 Prozent.
Die Prämieneinnahmen des Konzerns stiegen im ersten Halbjahr um 13 Prozent auf 27,7 Mrd. $. Die Gruppe leidet wie die Branche unter den schwachen Aktienmärkten. Statt 1,37 Mrd. $ im ersten Halbjahr 2000 konnte sie nur 555 Mio. $ Gewinn aus Verkäufen realisieren. Dagegen verlief das Versicherungsgeschäft besser als im Vorjahr vor allem auf Grund geringerer Kosten.
Der Halbjahresgewinn fiel von 1,28 Mrd. $ auf 861 Mio. $. Der von der ZFS erfundene „normalisierte Gewinn“, bei dem Kapitalmarktschwankungen herausgerechnet werden, lag mit 922 Mio. $ unter den 1,1 Mrd. $ des Vorjahres. Für das Gesamtjahr werde der normalisierte Gewinn 1,8 bis 2Mrd. $ betragen, sagte Hüppi. Wegen der Verkaufspläne für Unternehmensteile werde sich das Listing der ZFS in New York verschieben.
www.ftd.de/zurich-financial
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Quelle: Financial Times Deutschland
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