Von Herbert Fromme, Köln Der DaimlerChrysler-Konzern muss im nächsten Jahr für seinen Versicherungsschutz sehr viel tiefer in die Taschen greifen und verschärfte Bedingungen hinnehmen.
Der Automobilkonzern gehört zu den wenigen Großunternehmen, die überhaupt schon Versicherungsschutz für 2001 vorweisen können. Bei den meisten will die Assekuranz noch keine Policen zeichnen, sondern die Entwicklung der nächsten Wochen abwarten. DaimlerChrysler ist in einer Sonderrolle, weil seine Deckungen schon zum 1. November erneuert werden und nicht, wie üblich, zum 1. Januar.
Nach Informationen der Financial Times Deutschland muss DaimlerChrysler für eine globale Sach-und Betriebsunterbrechungspolice, die sich auf den von Deutschland aus geführten Konzernteil beziehen, jetzt 41 Mio. Euro zahlen. Bisher lag der Preis bei 24 Mio. Euro – eine saftige Preiserhöhung um 71 Prozent. Das Risiko wird von einer Gruppe von Erstversicherern gezeichnet, Konsortialführer ist die Allianz. Beteiligt sind unter anderem Axa, HDI und Gerling. Als Rückversicherer fungieren Topadressen wie die Münchener Rück.
Die Versicherer haben erstmals alle Schäden durch terroristischeAngriffe ausgeschlossen. Bei einem Terroranschlag auf ein DaimlerChrysler-Gebäude ist der Konzern nicht versichert. Auch Cyber-Terrorismus – Angriffe mit Viren per Internet – ist ausgeschlossen.
Ein deutliches Zeichen für die Machtverhältnisse setzte die Allianz bei den Verhandlungen um die genaue Konstruktion des Geschäfts. Sie erzwang, dass die Rückversicherungs-Captives des Autokonzerns außen vor bleiben.
Bei großen Industriedeckungen ist es üblich, dass die Versicherer einen Teil des Geschäfts, also einen Anteil an Prämie und Risiko, an den hauseigenen Rückversicherer des Kunden weitergeben. Diese so genannten Captive Reinsurers reichen dann ihrerseits den größten Teil des übernommenen Risikos an die eigentlichen Rückversicherer weiter. So gingen bei dem Autokonzern im abgelaufenen Versicherungsjahr rund 75 Prozent steuer-und bilanzschonend über die DaimlerChrysler Re-insurance in Luxemburg oder die DaimlerChrysler Reinsurance Europe in Dublin. Beim neuen Vertrag ist das anders: Die Allianz hatte vom Stuttgarter Konzernvorstand eine so genannte Patronatserklärung für die Captives verlangt, also eine eindeutige Garantie, die der Konzern nicht auszustellen bereit war. Deshalb geht kein Geschäft an die Captives. Die Versicherer argumentieren, sie müssten sich gegen die Möglichkeit absichern, dass einem Rückversicherer die Puste ausgeht.
DaimlerChrysler schluckte auch diese Kröte. Der Konzern ist froh, überhaupt eine Deckung zu haben. Die übrige Industrie leidet darunter, dass die Versicherer keine Angebote machen. „Die Sorge der versicherungsnehmenden Wirtschaft ist, dass die Assekuranz so lange auf Zeit spielt, bis im Dezember nur noch ein Diktat übrig bleibt“, sagte Ralf Oelßner, Vorsitzender des Deutschen Versicherungsschutzvereins, der die Interessen industrieller Versicherungskunden vertritt. Selbst die Bitte um eine bezahlte Verlängerung der Verträge, um mehr Zeit für Verhandlungen zu haben, sei abgelehnt worden, sagte Oelßner. „Die Erstversicherer verweisen dabei auf die Rückversicherer, die ihrerseits alle Verträge gekündigt hätten.“ Die geforderten Preise seien „jenseits von Gut und Böse“. Es gebe Preiserhöhungen von bis zu 200 Prozent. Das sei wohl nicht nur eine Konsequenz des Terrorüberfalls. Die Vorgaben kämen von den Rückversicherern. „Wenn die Erstversicherer nur noch als Vollstrecker der Rückversicherer auftreten, liegt es nahe, dass wir künftig direkt mit denen verhandeln“, sagte Oelßner, der Versicherungschef der Lufthansa ist.
Zitat:
„Die geforderten Preise sind jenseits von Gut und Böse“ – Ralf Oelßner, DVS
Quelle: Financial Times Deutschland
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