Von Herbert Fromme, München Ein wenig peinlich ist es den Herren der Münchener Rück schon, dass sie trotz ihres hohen Schadens aus dem World Trade Center ungewollt als Gewinner des Terroranschlags vom 11. September 2001 dastehen. Aber verhehlen können sie ihre Genugtuung darüber nicht, dass nach einer langen Dürreperiode die Preise in der Rückversicherung kräftig nach oben gehen. Dafür war das Attentat nicht die Ursache, der Markt hatte sich schon vorher gedreht. Doch der Anschlag gibt den gegenwärtigen Preisverhandlungen weiteren Druck.
Nach Jahren des Nachgebens, der Preissenkungen und Bedingungsaufweichungen haben jetzt die Rückversicherer Oberwasser. „Für 2002 erwarten wir einen kräftigen Umsatz-und Ergebnisschub“, sagt Vorstands-chef Hans-Jürgen Schinzler. Wenn es keine Großkatastrophen gibt, soll der Gewinn im nächsten Jahr über den 1,75 Mrd. Euro des Jahres 2000 liegen.
Vorstand Stefan Heyd legt nach: Die Preiserhöhungen für Rückdeckungen lägen bei mindestens 25 bis 30 Prozent, „wahrscheinlich aber deutlich darüber“. Heyd hat auch genaue Vorstellungen, wie seine Kunden, die Erstversicherer, die Preise für die Industrie erhöhen sollen: Prämienerhöhungen in der Regel mit einer Bandbreite von 40 bis 60 Prozent, häufig 100 Prozent und darüber.
Vorstandschef Schinzler erwartet nach dem 11. September eine Marktbereinigung. Er kann sich jetzt wieder vorstellen, Rückversicherer oder Rückversichungs-Portefeuilles zu übernehmen. In den letzten Jahren wollte er sich bei Übernahmen auf Erstversicherer konzentrieren.
Künftig will die Münchener Rück höhere Anteile der guten Risiken selbst decken und nicht wie bisher in Konsortien an andere Unternehmen abgeben. Es gehe nicht an, dass sein Unternehmen die Arbeit mache und wegen seiner hohen Kapitalausstattung gesucht werde, „und viele mittelprächtige Rückversicherer und Erstversicherer mit kleinen Anteilen da mit schwimmen.“
Der Terroranschlag kostet die Münchener Rück brutto geschätzt 3,2 Mrd. Euro; nach den Erstattungen ihrer eigenen Rückversicherer verbleiben netto geschätzt 2,1 Mrd. Euro. Das Quartalsergebnis ist mit 1,21 Mrd. Euro in den roten Zahlen, aber für das volle Jahr erwartet Schinzler trotz Terrorschaden ein positives Ergebnis. Die Dividende von 1,25 Euro will er halten. Sonderfaktoren wie ein positiver Steuereffekt von 250 Mio. Euro und Gewinne aus den diversen Beteiligungstauschereien mit der Allianz in Höhe von 500 Mio. Euro helfen dabei, wie Vorstandsmitglied Jörg Schneider feststellt. Negativ schlägt der Rückgang der Kapitalmärkte zu Buche, die gefallenen Marktwerte des Aktienbestandes führen zu einem Rückgang des Eigenkapitals um 4,0 Mrd. Euro auf 19,6 Mrd. Euro.
Die Münchener Rück ist so klug, nicht nur zu fordern, sondern auch zu bieten – zum Beispiel weiterhin Terrorrisiken rückzuversichern, aber nur unter separat abgeschlossenen Deckungen mit Zusatzprämie. Dabei ist sie mit ihrem engsten Rivalen Swiss Re fast allein auf dem Markt. Vorstand Heyd besteht darauf, dass sein Unternehmen für diese Policen ein Sonderkündigungsrecht mit 14 Tagen Frist haben müsse. Die Erstversicherer sollen bei Industrie-und anderen Großrisiken ihrerseits sogar eine Kündigungsfrist von einer Woche durchsetzen.
An der Notwendigkeit eines Terrorpools der Versicherungswirtschaft, der von einer staatlichen Deckung für darüber hinausgehende Schäden gestützt wird, ändere sich deshalb nichts. Einzelheiten nennt Stefan Heyd nicht – man habe mit dem Finanzministerium Stillschweigen verabredet.
Kapital
Seite 19
Leitartikel Seite 31.
Quelle: Financial Times Deutschland
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