Neues Modell soll geplanten Terrorpool ersetzen · Regierung ermutigt Großindustrie zu eigenen Lösungen
Von Herbert Fromme, München Die deutsche Versicherungswirtschaft hat nach Informationen der Financial Times Deutschland ihr Modell für eine Terrorschadenversicherung gründlich überarbeitet. Statt eines Pools schlägt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) jetzt einen Spezialversicherer in Form einer Aktiengesellschaft vor, der Terrorschäden bis zu 3 Mrd. Euro deckt. Alle Schäden darüber hinaus soll unbegrenzt der Staat tragen.
Nach dem 11. September hatten viele Versicherer Terrorschäden aus ihren Policen ausgeschlossen. Die Folge: Großbetriebe sind ohne Deckung für solche Risiken. Das kann bei Finanzierungen zu großen Problemen führen, auch wenn die Banken bisher still gehalten haben.
Bei der Bundesregierung stößt das neue GDV-Modell auf wenig mehr Gegenliebe als die bisherigen Vorschläge. Im Gegenteil: Vor allem das Finanzministerium ist weiterhin gegen eine dauerhafte und unbegrenzte staatliche Verpflichtung gegenüber einem Versicherungspool oder einer Versicherungs-AG.
Inzwischen lotet das Finanzministerium auch Alternativen zur Zusammenarbeit mit den Versicherern aus. Am Montag führten Ministerialbeamte ein Gespräch mit Vertretern des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) und der chemischen Industrie. Berlin interessierte sich vor allem für die Pläne des BASF-Finanzchefs Max Dietrich Kley, eine Rückversicherungsgesellschaft der Großindustrie zu schaffen, die auch Terrorrisiken abdecken könnte. Wenn die Industrie mit einem schlüssigen Konzept komme, hieß es bei den Gesprächen, könne man über eine staatliche Unterstützung nachdenken – unter Ausschaltung der Assekuranz.
Beim GDV gibt man einer eigenständigen Industrielösung wenig Chancen. In den nächsten Tagen wollen die Versicherer mit der Industrie sprechen, um ein einheitliches Auftreten gegenüber der Regierung zu vereinbaren.
Grundlage soll das neue Modell des GDV sein, das von einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Allianz-Manager Axel Theis ausgearbeitet wurde. Statt eines Pools, der rechtlich und steuerlich deutlich komplizierter wäre, soll es danach einen Spezialversicherer geben.
Das Terrorproblem stellt sich vor allem für die Industrie mit Versicherungssummen von mehr als 25 Mio. Euro für Gebäude, den Gebäudeinhalt (zum Beispiel Maschinen) und die Betriebsunterbrechung. Zur Lösung soll der Spezialversicherer – Arbeitstitel „Extremus Versicherungs-AG“ – gegründet werden. Das Beitragsvolumen schätzen Theis und Kollegen auf 550 Mio. Euro, als Startkapital werden 60 Mio. Euro gebraucht.
Unternehmen mit exponierten Risiken sollen bei Extremus einen Versicherungsvertrag abschließen können, der sie gegen das Terrorrisiko abdeckt – mit höchstens 1,5 Mrd. Euro pro Gebäude und Inhalt, zusammen mit der Betriebsunterbrechung.
Extremus wird zwar als Versicherer tätig, holt sich aber Rückversicherungsschutz für 100 Prozent des Risikos. Für Kosten, Provisionen etc. bleiben zehn Prozent der Prämieneinnahmen bei dem Spezialversicherer. Alle Schäden bis 1,5 Mrd. Euro sollen deutsche Versicherer und Rückversicherer in Rückdeckung übernehmen. Sollten die Schäden 1,5 Mrd. Euro übersteigen, wird die nächste Schicht an Rückversicherungsschutz fällig. Sie soll Extremus auf dem Weltmarkt bei Rückversicherern einkaufen. Für den Fall, dass die Schadenssumme sogar 3 Mrd. Euro überschreitet, muss der Staat unbegrenzt zahlen, so das Modell. Dafür erhält er von Extremus neun Prozent der Prämien. Eine Begrenzung der Staatshaftung sei „in rechtlicher Hinsicht problematisch“, so die Versicherungsmanager. In Deutschland sei ein Schaden über 6 Mrd. Euro unwahrscheinlich.
Zitat:
„Die Begrenzung der Staatshaftung ist rechtlich problematisch“ – GDV-Arbeitsgruppe
Bild(er):
Die Aufräumarbeiten am World Trade Center gehen weiter. Der versicherte Schaden wird auf weit über 40 Mrd. $ geschätzt – AP/Mark Lennihan.
Quelle: Financial Times Deutschland
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