Von Ilse Schlingensiepen, München Die Münchener Rückversicherung will nach einem schweren Jahr 2001 im laufenden Jahr wieder ein Rekordergebnis einfahren. Dazu tragen höhere Preise, eine restriktivere Annahmepolitik und schärfere Rückversicherungsbedingungen bei. Durch ein deutlich besseres Ergebnis im eigentlichen Versicherungsgeschäft kann der Marktführer die drastische Verschlechterung auf den Kapitalmärkten auffangen, hofft der Vorstandsvorsitzende Hans-Jürgen Schinzler. Die Münchener Rück setzt weiter auf die internationale Expansion ihrer Erstversicherungsgruppe Ergo. Banken stehen dagegen nicht auf dem Wunschzettel. „Wir wollten keine Bank übernehmen und dabei bleibt es auch“, sagte Schinzler. Ein Ausbau der Beteiligung von 10,4 Prozent an der Commerzbank sei ebenfalls zur Zeit nicht geplant.
Schon länger klagen die Münchener Rück und andere Rückversicherer über zu niedrige Preise für die Deckungen, die sie bei ihren Kunden, den Erstversicherern erzielen – die ihrerseits auf das insgesamt schlechte Prämienniveau verweisen. Insbesondere bei Rückversicherungen für Naturkatastrophen und industrielle Feuerrisiken lagen die Ausgaben für Schäden und Kosten deutlich über den Prämieneinnahmen, die so genannte Combined Ratio – eine wichtige Messgröße in der Assekuranz – also weit über 100 Prozent.
Mit der Erhöhung der Preise hatten die Rückversicherer schon vor dem 11. September begonnen. Die New Yorker Terroranschläge mit der gravierenden finanziellen Belastung hat sie unausweichlich gemacht. „Die Erneuerungssaison war sehr spannend“, sagte Schinzler zu den Vertragsverhandlungen für 2002. „Wir konnten höhere Preise durchsetzen, und das war bitter nötig.“ Im Schnitt erzielte die Münchener Rück Erhöhungen von 17 Prozent. Das Ende der Fahnenstange sei damit aber noch nicht erreicht, sagte Schinzler. „Das ist ein guter Anfang, es kann aber noch nicht das Ende sein, sonst können wir nicht über die Runden kommen.“ Nach Angaben von Vorstandsmitglied Stefan Heyd hat die Münchener Rück 19 Prozent ihres Geschäfts aufgegeben, weil es nicht profitabel war und ausreichende Preiserhöhungen für diese Risiken nicht durchgesetzt werden konnten. Höhere Preise und Neugeschäft glichen die Abgänge mehr als aus. Die Sanierung der Bestände werde fortgesetzt, sagte Heyd. Handlungsbedarf sieht er in der Autoversicherung, da gebe es in ganz Europa einschließlich Deutschland noch keine befriedigende Situation.
Heyd ist optimistisch, dass die Münchener Rück bei der Combined Ratio für 2002 einen deutlichen Sprung nach vorn machen wird. „Wir werden in diesem Jahr unsere langfristige Zielgröße von 105 Prozent deutlich unterschreiten“, sagte er. Als Zielgröße nannte Vorstandschef Schinzler 100 Prozent, das sei nötig, weil die Kapitalmärkte heute nicht mehr so viel hergeben wie früher.
Die Münchener Rück werde im laufenden Jahr ein noch besseres Jahresergebnis erzielen als 2000, als sie einen Überschuss von 1,75 Mrd. Euro zeigte, sagte Schinzler. Zahlen für 2001 veröffentlicht das Unternehmen am 22. März. Selbst ohne den 11. September wäre das vergangene Jahr für die Münchener Rück „sehr schlecht“ gewesen. Der Rückversicherer war von einer Reihe spektakulärer Großschäden mit einer Belastung von mehr als 100 Mio. Euro betroffen. Dazu gehören das zurückgezogene Medikament Lipobay und die Explosion in Toulouse. „Auch ohne das World Trade Center lagen Zahl und Ausmaß der Großschäden deutlich über allen Vorjahren“, sagte Schinzler. Außerdem litt das Unternehmen unter den Problemen der Kapitalmärkte.
In der Rückversicherung will die Münchener Rück vor allem aus eigener Kraft weiter wachsen, nicht durch Übernahmen. Anders sei das bei der Erstversicherungsgruppe Ergo, die 1997 aus den Unternehmen Victoria, Hamburg-Mannheimer, DKV und DAS gebildet wurde. Hier setzt der Konzern weiter auf die internationale Expansion durch Akquisitionen, vor allem in Süd-und Osteuropa. Sinn ergeben Zukäufe nach Überzeugung von Schinzler allerdings nur dann, wenn die Ergo-Unternehmen durch sie eine nennenswerte Rolle Märkte erreichen, also mindestens zu den ersten zehn Versicherern in diesen Ländern gehören.
Die Übernahme einer Bank kommt für die Münchener Rück nicht in Frage. Das gelte auch für die HypoVereinsbank (HVB), an der sie 25,7 Prozent hält. „Wir müssen unser Pulver für Ergo trocken halten, damit wir im Ausland expandieren können.“ Der kürzlich auf 10,4 Prozent aufgestockte Anteil an der Commerzbank sei ein reines Finanzinvestment, keine strategische Beteiligung, sagte Schinzler. Eine Fusion zwischen Commerzbank und HVB sei – wenn überhaupt – ein Thema für die beiden Banken, nicht für die Münchener Rück. „Ich kann mir vorstellen, dass beide Häuser erstmal Wichtigeres zu tun haben“, sagte er.
Zitat:
„Wir konnten höhere Preise durchsetzen, das war bitter nötig“ – Hans-Jürgen Schinzler
Quelle: Financial Times Deutschland
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