Energiekonzern wäre bei einer Ruhrgas-Übernahme durch Eon von Absatzmärkten ausgeschlossen · 2001 Gewinnsprung auf 420 Mio. Euro
Das Kasseler Energieunternehmen Wintershall beklagt die zunehmende Verflechtung von Stadtwerken und Vorlieferanten auf dem deutschen Gasmarkt. „Es scheint, als ob man seine Kunden kaufen muss“, sagte Vorstandsvorsitzender Reinier Zwitserloot gestern bei der Vorlage der Bilanz 2001 in Kassel. Eine Übernahme der Ruhrgas durch Eon würde dieses Problem noch verstärken. „Wir erwarten daher erhebliche Auflagen vor einer Genehmigung des Zusammenschlusses.“
Die Wintershall-Tochter Wingas, an der auch der russische Gasgigant Gasprom beteiligt ist, könne neue Lieferverträge fast nur mit rein kommunalen Stadtwerken abschließen. Sobald Eon, RWE oder andere Energieriesen Anteile hielten, blieben die Türen für Wingas verschlossen, beklagte Zwitserloot. „Dabei spielt es keine Rolle, ob deren Anteil zehn Prozent oder 60 Prozent beträgt.“ Wintershall lehne es ab, sich Absatzmärkte durch den Erwerb von Anteilen an Stadtwerken zu erkaufen.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Herbert Detharding hält sich Zwitserloot, der Wintershall seit Oktober 2001 leitet, mit Kritik am großen Konkurrenten Ruhrgas aber zurück. Auch zum Marktanteil im deutschen Gasgeschäft, dessen Wachsen Detharding stets stolz verkündete, schweigt der neue Chef. „Der Anteil sagt nichts aus. Volumenmäßig kann man fast jeden Anteil bekommen, die Frage ist nur, zu welchem Preis.“
Das deutsch-russische Unternehmen war vor gut zehn Jahren angetreten, um der übermächtigen Ruhrgas Konkurrenz zu machen. Besonders die Wintershall-Mutter BASF war an alternativen Gasbezugsmöglichkeiten interessiert. Der Zusammenschluss von Eon und Ruhrgas sowie der Ausbau des Gasgeschäfts durch den RWE-Konzern könnten die Kasseler als unabhängige Versorger aber unter Druck bringen.
Große Hoffnungen setzt das Unternehmen auf die Ausschreibung der Mehrheit an der Gasversorgung Süddeutschland. Wintershall beteiligt sich an dem Verfahren, durch das Baden-Württemberg und MVV Mannheim ihre Anteile verkaufen wollen, bestätigte Zwitserloot. „Das würde unsere Infrastruktur erweitern und uns näher zum Kunden bringen.“ Wintershall konkurriert mit der Karlsruher EnBW, die gemeinsam mit der italienischen Eni bietet. Unabhängig davon plant Wingas eine Pipeline in Süddeutschland, die einen neuen Importweg für russisches Erdgas öffnen soll.
2001 setzte Wingas 121 Milliarden Kilowattstunden Erdgas ab, weitere 94 Milliarden verkaufte Wintershall selbst. Das Unternehmen ist zudem in der Förderung von Erdgas und Erdöl aktiv. Der Nettoumsatz betrug 5,3 Mrd. Euro, nach 4,6 Mrd. Euro in 2000. Das Nachsteuer-Ergebnis erhöhte sich von 357 Mio. Euro auf 420 Mio. Euro.
Katrin Berkenkopf
Quelle: Financial Times Deutschland
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