Von Herbert Fromme, Hannover Die Hannoversche Lebensversicherung ist in keiner beneidenswerten Lage. Die Mehrzahl der Konkurrenten hält das Unternehmen für den kranken Mann der Branche – unterkapitalisiert, mit schwachem Neugeschäft, ohne stille Reserven und auf der Suche nach einem kapitalkräftigen Partner. Der Vorstand unter Eckart Freiherr von Uckermann vertritt dagegen hartnäckig, dass man nur realistischer sei als andere Anbieter und Gewinnzusagen an die Kunden eher an die tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten angepasst habe als der Rest. Künftig könne man in einem sich ändernden Marktumfeld gut mithalten.
Die Hannoversche Leben ist ein Gegenseitigkeitsverein, hat also keine Aktionäre. „Wir arbeiten im Interesse unserer Kunden, die auch unsere Eigentümer sind“, sagte Vorstand Karl-Heinz Minkwitz. Dazu gehöre die „zeitnahe Ausschüttung“ von Gewinnen. Hinzu kommen Besonderheiten in der Anlagepolitik: Anders als manche Konkurrenten investierte das Unternehmen spät in Aktien und musste deshalb härtere Schläge im Kapitalmarkt einstecken.
Im September 2001 musste der Versicherer deshalb die Gewinnzusagen zurücknehmen. Statt 6,75 Prozent zahlt die Hannoversche Leben nur noch fünf Prozent auf das für die Kunden angelegte Kapital. Der Marktführer Allianz weist immer noch stolze 6,8 Prozent aus.
Insgesamt gehe die Zahl der verkauften Kapitallebenspolicen im Markt zurück, so Uckermann. „Da leiden wir natürlich besonders, weil wir keine Vertreter haben.“ Die Hannoversche Leben verkauft direkt per Post, Telefon und Internet sowie über Geschäftsstellen.
Schön war das Jahr 2001 für die Hannoversche Leben nicht. Die Prämieneinnahmen gingen von 951 Mio. Euro auf 880 Mio. Euro zurück, die verkauften Verträge von 66 174 auf 51 555. Der laufende Beitrag aus dem Neugeschäft reduzierte sich von 71 Mio. Euro auf 52 Mio. Euro, die Einmalbeiträge sanken von 75 Mio. Euro auf 51 Mio. Euro.
Auch das Kapitalanlageergebnis war alles andere als glänzend. Anlagechef Tim Kettemann erwirtschaftete eine Nettoverzinsung von 4,8 Prozent, nach 5,2 Prozent. Die stillen Reserven sind mit 0,3 Prozent der Anlagen praktisch aufgebraucht.
Im Gegenteil, das Unternehmen hat die neuen Möglichkeiten der Bilanzrechtsänderung weidlich genutzt und Verluste auf Wertpapiere nicht sofort im Abschluss gezeigt. Die so genannten stillen Lasten betrugen am Jahresende 189 Mio. Euro, davon entfallen die Hälfte auf Verluste bei Aktien. Uckermann steht mit dem Rücken zur Wand – teilt aber aus dieser Position noch kräftig aus. Er verweist auf die niedrigen Kosten.
„Unsere Verwaltungskosten betragen 1,5 Prozent, im Markt sind es vier Prozent“, sagte er. Nur 1,4 Prozent der Kunden kündigten ihren Vertrag, damit lag die Stornoquote weit unter dem Branchendurchschnitt von 4,5 Prozent. Zwar sei die Hannoversche Leben momentan nicht in einer glänzenden Lage. „Aber der innere Wert ist ungebrochen.“
Für das laufende Jahr peilt Uckermann wieder ein stärkeres Wachstum an. Rund 55 000 bis 60 000 Policen will er verkaufen, rund 55 Prozent davon Risikoversicherungen. Im zweiten Halbjahr 2002 soll verstärkt für Riester-Policen geworben werden, bisher sind wenige Hundert abgesetzt worden. „Das könnten 15 000 werden“, sagte Uckermann. Dabei sei die betriebliche Altersversorgung schon eingerechnet.
Uckermann bestätigte, dass Gespräche mit möglichen Partnern im In-und Ausland geführt wurden, unter anderem dem BHW. Die Gespräche seien ergebnislos verlaufen – mit dem BHW, weil es unterschiedliche Auffassungen zur Geschäftspolitik gab, mit den ausländischen Interessenten, weil ihre Renditevorstellungen von elf bis zwölf Prozent mit einem deutschen Lebensversicherer nicht erreichbar seien. „Da sind höchstens vier bis fünf Prozent drin.“
Viel Hoffnung setzt Uckermann auf die Hannover Standard Life, eine gemeinsame Tochter mit der Schottischen Standard Life. Sie verkauft „aktienorientierte Lebenspolicen“ nach britischem Modell. Bisher seien zwar erst 1200 Policen abgesetzt worden, im laufenden Jahr sollen es aber mindestens 5000 werden. „Die traditionelle deutsche Lebensversicherung ist ohnehin in fünf Jahren tot“, sagte Uckermann.
Quelle: Financial Times Deutschland
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