Von Ilse Schlingensiepen, Köln Die privaten Krankenversicherer (PKV) verzeichneten im vergangenen Jahr den stärksten Zulauf seit 25 Jahren. Im Hauptgeschäftsfeld Krankenvollversicherung nahm die Zahl der Kunden um 216 000 zu. Mit 7,7 Millionen Versicherten haben die Privaten jetzt einen Anteil von 9,3 Prozent am Krankenversicherungsmarkt. Die Freude über den Anstieg in 2001 ist in der Branche allerdings getrübt. Denn ein wesentlicher Grund für den Wechsel in die private Krankenversicherung war für viele die anhaltende Debatte über die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze. Und genau sie könnte die PKV-Branche im Mark treffen.
Die Versicherungspflichtgrenze – auch Friedensgrenze genannt – legt fest, ab welchem Einkommen abhängig Beschäftigte entscheiden können, ob sie sich gesetzlich, privat oder gar nicht krankenversichern wollen. Zurzeit liegt die Grenze bei 3375 Euro – wer weniger verdient, ist Zwangsmitglied der gesetzlichen Krankenversicherung. Jetzt hat Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt angekündigt, dass die SPD im Falle eines Wahlsieges die Versicherungspflicht erst ab 4500 Euro aufheben will. Die Hürde für den Eintritt in die PKV würde damit so hoch gelegt, dass nur noch wenige junge Versicherte sie nehmen können. Den Unternehmen würde ein großer Teil des Neugeschäfts wegbrechen.
„Die politische Bedrohung der PKV ist seit Einführung der dynamischen Friedensgrenze im Jahre 1971 noch nie so konkret wie jetzt gewesen“, schreiben der Vorsitzende des PKV-Verbands Peter Greisler und Verbandsdirektor Christoph Uleer im Rechenschaftsbericht für das Jahr 2001. Auf der heutigen Jahrestagung des Verbands in Berlin werden sie genau hinhören, wenn prominente Vertreter von SPD, CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen ihre „Positionen zur zukünftigen Gesundheitspolitik“ darlegen.
Wegen des starken Neugeschäfts und in Folge von Beitragserhöhungen konnten die 50 Mitgliedsunternehmen des PKV-Verbands im Jahr 2001 ihre Prämieneinnahmen in der Krankenversicherung um 5,6 Prozent auf 19,75 Mrd. Euro steigern. Hinzu kommen 1,96 Mrd. Euro aus der Pflegepflichtversicherung, 2,4 Prozent weniger als 2000. Mehr als zwei Drittel der Prämieneinnahmen in der Krankenversicherung stammen aus der Vollversicherung, der Rest aus Zusatzversicherungen.
Die ausgezahlten Versicherungsleistungen beliefen sich auf 13,97 Mrd. Euro, inklusive der Kosten für die Schadenregulierung. Das waren 6,3 Prozent mehr als 2000. Ohne die Mehrkosten durch die höhere Versichertenzahl betrug der Anstieg noch 5,2 Prozent. Sorgen machen den Versicherern die überdurchschnittlichen Zuwächse bei Arznei-und Verbandmitteln (plus 9,4 Prozent) und bei der ambulanten ärztlichen Behandlung (plus 6,1 Prozent). Diese Steigerungen lasten die Versicherer den Ärzten an. „Kompensationsbemühungen angesichts der Restriktionen auf Kassenseite dürften eine erhebliche Rolle gespielt haben“, kritisieren sie im Rechenschaftsbericht. Mediziner hätten also bei Privatpatienten mehr abgerechnet als nötig.
Nach vorläufigen Zahlen betrugen die Verwaltungskosten der Unternehmen insgesamt 750 Mio. Euro, das waren 5,3 Prozent mehr als 2000. Die Kosten für den Abschluss oder die Umstellung von Verträgen summierten sich auf 2,0 Mrd. Euro, ein Anstieg um 4,6 Prozent. Die Ausgaben für beide Bereiche entsprechen knapp 13 Prozent der Beitragseinnahmen.
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo