Von Herbert Fromme, Hamburg ThyssenKrupp Werften, die Schiffbaugruppe des Düsseldorfer Industriekonzerns, will noch in diesem Jahr die Übernahme von 15 Prozent an der Kieler Howaldtswerke Deutsche Werft (HDW) perfekt machen. „Wir sind nach der Entwicklung der letzten Tage sehr zuversichtlich“, sagte Walter Klausmann, einer der Geschäftsführer, auf der Fachmesse Schiff, Maschine, Meerestechnik. Er bezog sich auf den Verkauf der restlichen 25 Prozent an HDW an den US-Investor One Equity Partners (OEP) durch den Insolvenzverwalter von Babcock Borsig.
Damit ist der Weg frei für die Beteiligung von ThyssenKrupp und Ferrostaal an der Kieler Werft. Denn der Vollbesitz durch OEP war eine der vertraglich vereinbarten Bedingungen. Jetzt werden die beiden Käufer eine Unternehmensprüfung (Due Diligence) vornehmen.
Der lange angedachte deutsche Werftenverbund aus den HDW-Schiffbauern in Kiel und den ThyssenKrupp Werften in Hamburg und Emden kommt damit einen großen Schritt weiter. Die Unternehmen kooperieren seit Jahren erfolgreich bei Entwicklung und Produktion im Kriegsschiffbau. Die Regierung in Berlin drängt seit langem auf eine kapitalmäßige Verflechtung der strategisch bedeutsamen Betriebe. Das MAN-Handelshaus Ferrostaal, der dritte im Bunde, ist wichtig für Vertrieb und Gegengeschäfte, die bei Rüstungsaufträgen normal sind.
Die jetzt geplanten Beteiligungen sind offenbar nur der Einstieg in ein weitergehendes kapitalmäßiges Zusammengehen der beiden Schiffbaugruppen. ThyssenKrupp hat den Schiffbau als Kerngeschäftsfeld wiederentdeckt, denn die beiden Werften liefern dank der gut verlaufenden Marineaufträge hervorragende Zahlen ab.
Der US-Finanzinvestor OEP wird über kurz oder lang verkaufen wollen – möglichst mit saftigem Gewinn. Die zweijährige Sperrfrist, in der er die Mehrheit nicht veräußern darf, gilt nicht für ThyssenKrupp und Ferrostaal. Allerdings wird ThyssenKrupp nichts überstürzen. Bei HDW gibt es erheblichen Widerstand gegen eine Übernahme der Mehrheit. „Die kriegen uns nicht“, sagte ein Manager der zweiten Ebene. Mit dem Weggang des umstrittenen Konzernchefs Klaus Lederer ist zwar der heftigste Kritiker des Managements von ThyssenKrupp Werften verstummt. Aber viele Mitarbeiter machen sich Sorgen um die Arbeitsplätze in einem vereinten Schiffbaukonzern. Herbert von Nitzsch, Chef der ThyssenKrupp Werften, sagte gestern, er könne zu Arbeitsplätzen in Kiel nicht Stellung nehmen. „Hier in Hamburg haben wir unsere Restrukturierung schon 1995 und 1996 durchgeführt.“
Den ThyssenKrupp Werften ging es im Geschäftsjahr 2001/2002, das am 30. September endet, sehr gut, sagte Finanzchef Klausmann. Der Gruppenumsatz wird auf rund 800 Mio. Euro geschätzt, der Gewinn sei „deutlich gestiegen“. Einzelheiten zur Profitabilität nennt ThyssenKrupp nur für den Gesamtkonzern.
Die Hamburger ThyssenKrupp-Tochter Blohm + Voss, die vor allem Marineschiffe und schnelle Passagierschiffe baut, kommt mit einem neuen Fregattentyp auf den Markt, der je nach Bewaffnung und Ausstattung 250 bis 450 Mio. Euro kostet. In Deutschland käme die Meko Delta als Nachfolger für die in die Jahre kommende Fregatte Typ 122 in Frage, hofft die Werft. Mit dem Know-how aus dem Kriegsschiffbau produziert Blohm + Voss auch Kreuzfahrtschiffe mit hohen Geschwindigkeiten und Megayachten. Auf der Basis der schnellen Olympia Voyager und Olympia Explorer hat die Werft ein noch schnelleres, etwas größeres Luxuskreuzfahrtschiff entwickelt, das viel mehr Platz für weniger Passagiere bieten soll – 400 bis 500 statt 800. Das neue Schiff dürfte deutlich teurer als die 150 Mio. Euro der Olympia-Klasse sein. Noch für 2002 hofft Werftchef Herbert von Nitzsch auf einen Auftrag, möglicherweise für mehrere Schiffe. Die Verhandlungen laufen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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