Von Herbert Fromme, Hamburg Versicherungsmakler können heute guten Gewissens höchstens acht bis zehn von den rund 110 bundesweit tätigen Lebensversicherern empfehlen. „Und selbst da tue ich mich schon schwer mit der Aufzählung“, sagte Peter Köhler, Chef von Thomae und Partner in Freiburg. „Es ist schon schwierig, die gegenwärtige Potenz der Versicherer zu beurteilen. Erst recht gilt dies für langfristige Prognosen.“ Köhler fragt sich, wie Unternehmen, die in der jetzigen Lage ihre Aktien verkaufen mussten, überhaupt wieder auf die Beine kommen wollen. Da ein Makler, anders als ein Versicherungsvertreter, für seine Empfehlungen haftet, habe der Berufsstand ein großes Problem, sagte Köhler bei einem Pressegespräch des Verbandes Deutscher Versicherungsmakler (VDVM). Heinrich Grassl vom Münchener Makler Viva hat erhebliche Zweifel, ob einige Anbieter „überhaupt eine Chance haben, die garantierten Leistungen in absehbarer Zeit zu verdienen“. Das sind, je nach Datum des Vertragsabschlusses, 3,25 Prozent, 3,5 Prozent oder vier Prozent. Ungefährdet sei nur eine Hand voll von Lebensversicherern. Deshalb seien Makler gezwungen, nur diese großen Gesellschaften zu empfehlen, „die wir im Interesse eines funktionierenden Marktes und Wettbewerbs eigentlich lieber meiden oder nur eingeschränkt anbieten würden“.
Nicht nur die Lebensversicherung macht den 578 VDVM-Maklern Sorgen. Zwar steigen mit den Prämien in der Industrieversicherung auch die Provisionen (Courtagen). „Aber sehr oft schränken die Kunden die Versicherungsdeckung ein, sodass der Preis und die Courtage dieselbe bleiben“, klagte Dankwart von Schultzendorff, Chef des Marktführers Aon Jauch & Hübener. „Gleichzeitig haben wir einen Boom in der Nachfrage nach Beratung. Inwieweit das Umsatz bringt, ist offen.“ Trotzdem, so die Makler, sei eine Umsatzrendite von 15 Prozent möglich. Und Verbandschef Leberecht Funk musste zugestehen, dass zumindest für sein Unternehmen L. Funk & Söhne in Hamburg das letzte Geschäftsjahr „sehr gut“ verlief und das jetzige noch besser ausfallen wird.
Kritisch sehen die Makler den Trend bei den Versicherern zur Auslese der Risiken. Unternehmen der Pharma-, Holz-und Papierindustrie finden kaum noch erschwingliche Deckung, ebenso die Recyclingbranche oder Gießereien. „Hier steigen die Preise um das Sechs-bis Zehnfache“, sagte Funk. Generell wollten die Unternehmen nach dem 11. September und der Marktverhärtung alle Risiken neu bewerten. Da stoße die Personalkapazität der Makler an ihre Grenze.
Dazu kommt: Große Versicherer wie die AMB Generali steigen ganz aus dem Industriemarkt aus, andere entwickeln ihre eigenständigen Tarife und Bedingungen. Wenn die Zeit und die angebotene Versicherungskapazität knapp sind, kommt es vor, dass beim Versicherungsschutz eines Industrieunternehmens Deckungen mit uneinheitlichen Bedingungen verzahnt werden, sagte Funk. Auch gegenüber den Maklern werden die Versicherer ruppiger und verlangen schnelle Zahlung allein auf Grund ihrer Deckungsbestätigung sowie separate Konten für jede Gesellschaft. „Gleichzeitig lassen sie sich monatelang Zeit für die Ausstellung der Policen, und von denen ist ein Drittel fehlerhaft“, monierte Funk. Das sei eine der Folgen des Personalabbaus in den Unternehmen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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