Von Herbert Fromme, Köln Im Gegensatz zu führenden Rückversicherern erwartet Aon, der weltgrößte Versicherungs-und Rückversicherungsmakler, keine deutlichen Preissteigerungen bei den gegenwärtigen Vertragserneuerungen für 2003. Nach massiven Erhöhungen für das Jahr 2002 sei das Thema – mit bestimmten Ausnahmen – ausgereizt, sagte Charles Cantlay, stellvertretender Vorsitzender der Rückversicherungsgruppe des Maklers. „Die WTC-Tragödie hat einen harten Markt hervorgebracht, der einzigartig im Ausmaß der Erhöhungen und in der Strenge bei der Durchsetzung ist. Aber ich glaube, dass die wesentlichen Korrekturen bei Preisen und Deckungsumfang schon stattgefunden haben.“
Falls es noch zu weiteren Erhöhungen kommen sollte, lägen die am unteren Ende der Erwartungen. Ausnahmen gebe es in bestimmten Sparten, in denen Käufer keine Alternativen haben, sagte er.
Für 2002 habe es teilweise dramatische Preissteigerungen gegeben, sagte Cantlay. In der Luftfahrt-Haftpflicht und Kasko seien die Preise um bis zu 400 Prozent angehoben worden, bei Offshore-Energieanlagen und Baurisiken um 300 bis 400 Prozent. Außerdem sei der Umfang von Rückdeckungsprogrammen stark zusammengestrichen worden. Für Rückdeckungen in Kontinental-Europa stellt Aon Preissteigerungen von 40 Prozent fest, für die Rückversicherung der Arbeitgeberhaftung in Großbritannien sogar 100 Prozent.
Cantlay sagte, die Erstversicherer stellten verstärkt die hohen Preise und für sie ungünstigen Bedingungen des Jahres 2002 in Frage. „Außerdem sehen sie sich nach alternativen Lösungen und Strategien um und vergleichen deren Kosten mit denen der Rückversicherung.“ Auch seien sie eher bereit, die Auswirkungen höherer Selbstbehalte für ihre Unternehmen durchzuspielen.
Schließlich spiele beim Abschluss von Rückdeckungsverträgen die finanzielle Stärke des jeweiligen Rückversicherers eine entscheidende Rolle. „Ohne ein gutes Rating geht nichts.“ Die „Flucht zur Qualität“ (flight to quality) sei weiter in vollem Gange. „Der Preis der Rückversicherungsdeckung ist sehr wichtig, aber die Erstversicherer wollen absolut sicher sein, dass ihr Rückversicherer im Notfall auch zahlen kann“, sagte der Aon-Manager.
Gleichzeitig seien die Erstversicherer bereit, den Rückversicherern die geforderten Daten über ihre Risiken zur Verfügung zu stellen. „Über den Wunsch nach Transparenz gibt es keinen Streit mehr“, sagte Cantlay.
Für die Rückversicherer liegt der Schwerpunkt ihrer Arbeit in der Rückkehr zum Gewinn im Kerngeschäft Rückdeckung statt aus den Kapitalanlagen, beobachtet Cantlay. „Um die einzelnen Risiken besser einschätzen zu können, schnüren sie große Risikopakete auf.“ Aus Geschäftsfeldern mit sehr schwankenden Ergebnissen zögen sich mehr und mehr Unternehmen zurück. An das oft vorausgesagte Ende des traditionellen Risikotransfers von Kunde an Erstversicherer, Erstversicherer an Rückversicherer will Cantlay aber nicht glauben.
Zitat:
„Die wesentlichen Preiskorrekturen haben stattgefunden“ – Charles Cantlay, Aon.
Quelle: Financial Times Deutschland
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