Von Margaret Heckel, Berlin, und Herbert Fromme, Köln Bundesfinanzminister Hans Eichel will die Steuerfreiheit von Lebensversicherungen überprüfen, die nicht der Altersvorsorge dienen. Die Vorschläge sind Teil einer von der Bundesregierung geplanten radikalen Vereinfachung des Steuerrechts. So will Eichel das deutsche Steuerrecht durchforsten und die derzeit rund 70 000 Steuervorschriften zusammenstreichen.
Der Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Bernd Michaels, kündigte bereits an, dass sich die Branche einer Neuregelung der Steuerfreiheit nicht verweigern wird. „Es ist klar, dass neu definiert werden muss, was steuerlich gefördert wird und was nicht“, sagte Michaels gestern der Financial Times Deutschland.
Mit Eichels Überlegungen gerät nach der angekündigten schärferen Besteuerung von Wertpapier-und Immobiliengewinnen auch die Lebensversicherung als Geldanlage ins Visier des Finanzministers. Bislang sind die Erträge der rund 89 Millionen Lebensversicherungs-Policen in Deutschland steuerbefreit, wenn sie länger als zwölf Jahre gehalten werden und bestimmten weiteren Anforderungen genügen.
Das Steuerprivileg war ursprünglich eingeführt worden, um die Altersvorsorge zu fördern. Da allerdings nur ein Bruchteil der Lebensversicherungen tatsächlich bis zum Renteneintritt gehalten wird, sehen viele Experten darin eine ungerechtfertigte Subvention.
Den Banken ist die Steuerbefreiung der Konkurrenzprodukte schon lange ein Dorn im Auge – die Erträge aus einem Sparplan sind nicht steuerfrei, auch wenn dieser über zwölf Jahre oder mehr gehalten wird.
Wie Eichel in einem Interview des Magazins „Wirtschaftswoche“ sagte, soll geprüft werden, was Altersvorsorge und damit steuerbefreit und was als Geldanlage anzusehen ist. Klar sei aber, dass die Lebensversicherung als Altersvorsorge weiter gefördert werde. „Aber wenn man alles als Altersvorsorge gelten ließe, gäbe es keine Steuereinnahmen mehr“, sagte Eichel dem Magazin.
Welche Art von Lebensversicherung der Vorsorge diene, ist noch nicht geklärt: „Das ist Aufgabe der Kommission zur Neuregelung der Altersvorsorge, die ihren Bericht im Frühjahr vorlegt“, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums.
Die Ergebnisse der Kommission wollten auch die Versicherer abwarten, sagte GDV-Präsident Michaels. Die Zurückhaltung hat Gründe: Den Versicherern ist klar, dass die Steuerbefreiung für alle Lebensversicherungen – selbst wenn sie mit 35 ausgezahlt werden – mit dem Argument Altersvorsorge schwer zu rechtfertigen ist. In der Branche selbst gibt es deshalb Überlegungen, nur eine Befreiung ab Auszahlungs-oder Verrentungsalter 60 zu verlangen.
Auch Eichels Argument, wegen der so genannten nachgelagerten Besteuerung Erträge immer zu besteuern, aber den Ansparvorgang zu fördern, findet in der Branche Sympathie. Schließlich hat sie nach diesem Prinzip mit der Riester-Rente einen ihrer größten Erfolge gelandet. Bei Riester gilt: Der Staat fördert durch Zuschuss oder Steuernachlass zum Zeitpunkt der Einzahlung, bei der Auszahlung sind die Erträge zu versteuern.
Die Versicherer warnen aber davor, den Begriff Altersvorsorge eng auszulegen. „Wenn das heißt, dass nur noch die Verrentung gefördert wird, ist das Wahnsinn“, sagte GDV-Sprecherin Gabriele Hoffmann. Rund die Hälfte der Lebensversicherungen werde derzeit bei Ablauf als lebenslange Rentenzahlungen, die andere Hälfte als Einmalbetrag ausgezahlt. Darunter seien auch viele Policen, die vorzeitig gekündigt werden, sowie solche, die zu Finanzierungszwecken abgeschlossen wurden.
Würden die Erträge aus Lebensversicherungen mit Einmalzahlungen künftig besteuert, bestrafe der Staat Vorsorgesparer, warnte Hoffmann. Das sei auch inkonsequent: „Auch bei der neuen, staatlich geförderten Riester-Rente gibt es Sparpläne, die nicht ausschließlich verrentet werden, sondern Teil-Kapitalzahlungen haben.“ Auch dürfe eine Besteuerung keinesfalls rückwirkend erfolgen. „Für bestehende Verträge muss es Bestandsschutz geben.“
Zitat:
„Wenn alles als Altersvorsorge gilt, gäbe es keine Steuereinnahmen mehr“ – Finanzminister Eichel
Quelle: Financial Times Deutschland
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