Kriegsangst treibt Versicherungsprämien

Eigner erwarten höhere Entgelte für Schiffe und Flugzeuge “ Auch die Ladung wäre im Kriegsfall direkt betroffen

Von Herbert Fromme, Köln Reedereien und Fluggesellschaften müssen mit steil ansteigenden Versicherungsprämien für den Schiffs-und Flugverkehr rechnen, falls es zu einem Irak-Krieg kommt. Die Wirkung ginge weit über die Krisenregion hinaus, sagen Experten. Auch der Verkehr zwischen Asien und Europa durch den Suez-Kanal wäre betroffen.

Die internationalen Transportversicherer erheben schon jetzt in vielen Fällen deutlich höhere Preise für die Versicherung von Schiffen und Gütern, die in die Krisenregion geschickt werden oder sie durchfahren. Allerdings sind sie noch gering im Vergleich zu dem, was im Kriegsfall zu erwarten ist.

In der Schiffsversicherung werden für Fahrten in das Krisengebiet bereits Zuschläge erhoben. „Im Gegensatz zu anderen Krisen haben sich die Versicherer bei den Zuschlägen nicht auf einheitliche Sätze geeinigt“, sagte ein Londoner Experte. „Manche Versicherer verlangen nichts, manche 0,25 Promille des Schiffswerts.“

Bei der Versicherung der Ladung erhebt die Assekuranz einen allgemeinen Kriegs-und Streikzuschlag – gleichgültig, ob die Ladung nach Kuwait oder Singapur geht. Nach dem 11. September 2001 war er von 0,275 Promille des Warenwerts auf 0,5 Promille erhöht worden.

Die Warenversicherung für Exportgüter in die Krisenregion ist ohnehin wegen der Kriegsangst deutlich teurer als die in andere Regionen. Sie kostet nach Angaben des Versicherungsmaklers Aon Jauch & Hübener schon jetzt zwischen drei und sieben Promille des versicherten Werts. Für einen Container mit Maschinenteilen im Wert von 150 000 Euro sind dann 750 Euro Versicherungsprämie plus Kriegszuschlag von 75 Euro fällig.

Im Kriegsfall wird das drastisch ansteigen: Dann können die Versicherer mit sehr kurzen Fristen – 48 Stunden in Deutschland, sieben Tage auf den meisten internationalen Märkten – das Kriegsrisiko aus ihren Verträgen ausschließen. Nur Güter und Schiffe, die schon in der Krisenregion unterwegs sind, sind bis zum Endpunkt der Reise weiter versichert. „Wir würden im Kriegsfall das Kriegs-und Terrorrisiko in unseren Policen kündigen“, sagte Heinz-Werner Hof, Chef des Allianz-Spezialversicherers Allianz Marine & Aviation. „Für bestehende Kunden würden wir nach entsprechender Risikoprüfung den Wiedereinschluss gegen eine separate Prämie anbieten.“ An der Deckung von anderen Schiffen oder Ladungen will sich die Allianz nicht beteiligen.

Was auf den Handel beim Ausbruch militärischer Feindseligkeiten zukommt, zeigte sich im Golfkrieg 1991. Das Londoner War-Risk-Committee, das die Gebiete mit Versicherungszuschlag festlegt, schloss die israelischen und türkischen Häfen in die Risikozone ein – außerdem Ägypten und damit den Suez-Kanal.

Für Schiffsladungen in die höchste Gefahrenzone im nördlichen Golf verlangten die Versicherer mindestens fünf Prozent des Wertes, für Israel und Ägypten noch ein Prozent. Die Zuschläge für ein Containerschiff erreichten leicht eine halbe Million D-Mark für eine einzige Durchfahrt durch den Suez-Kanal. Deshalb entschieden sich viele Reeder, ihre Schiffe um Südafrika herum zu schicken. Die Fahrtzeit etwa von Japan nach Deutschland verlängerte sich damit um eine Woche, die Transporte verteuerten sich erheblich.

Ähnlich hohe Kriegszuschläge werden für Flugzeuge erhoben. Die meisten Fluggesellschaften reduzierten deshalb im Golfkrieg 1991 die Zahl ihrer Flüge nach Israel, Ägypten und in andere Länder des Nahen Ostens drastisch oder gaben die Strecken vorübergehend ganz auf. „Damals musste man bei einem Start in Israel mit Versicherungsprämien im sechsstelligen Bereich rechnen“, sagte Ralf Oelßner, Versicherungschef der Lufthansa. „Da stellte sich für jede Airline schnell die Frage, ob sich ein Flug überhaupt noch lohnt.“

Im Falle eines Kriegs entziehen auch die Luftfahrtversicherer mit der üblichen Frist von sieben Tagen die Kriegs-und Terrordeckungen. Wie bei Schiff und Ladung bietet die Assekuranz in den meisten Fällen an, das Risiko gegen eine Zusatzprämie weiter zu versichern. „Wenn das klappt, kann eine Airline weiterfliegen, sofern ihr eigenes Risikomanagement das zulässt und sofern sich Passagiere finden“, sagte Oelßner.

Bild(er):

Frachtverladung in eine Boeing der Lufthansa Cargo. Versicherungsprämien für Flüge werden sich im Falle eines Irak-Kriegs kräftig erhöhen – Lufthansa/Peter Hamel.

Quelle: Financial Times Deutschland

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