Zweifel an den künftigen Gewinnaussichten “ Sonderfaktoren bestimmen das Ergebnis 2002
Von Herbert Fromme, Köln Zum zweiten Mal in Folge hat die Münchener Rück ein enttäuschendes Ergebnis vorgelegt. Der Jahresgewinn von 1,1 Mrd. Euro blieb weit hinter den Erwartungen der Analysten, die mit 1,8 Mrd. Euro gerechnet hatten. Auch 2003 wird nicht einfach. Schon im ersten Quartal sind nach Aussagen von Finanzchef Jörg Schneider weitere Abschreibungen in dreistelliger Millionenhöhe fällig.
Die Rating-Agentur Standard & Poor’s senkte ihre Bewertung des Unternehmens von „AA+“ auf „AA-“ mit negativem Ausblick. An der Börse brach die Aktie des Weltmarktführers ein. Der Aktienkurs ging gestern um 10,3 Prozent auf 67,48 Euro zurück.
Investoren haben Zweifel, ob die Münchener Rück ihr Kernproblem erfolgreich in den Griff bekommt. Das Unternehmen muss in den nächsten Jahren in der eigentlichen Rückversicherung sehr viel mehr verdienen, um den drastischen Verfall der Einnahmen aus Kapitalanlagen zu verkraften.
Bisher hat die Münchener Rück das im Geschäftsfeld Rückversicherung nicht geschafft. In der Erstversicherung, die von den Töchtern Ergo (Hamburg-Mannheimer, Victoria, DKV) und Karlsruher betrieben wird, reicht die Verbesserung nicht aus. „Der Markt ist so positiv wie seit langem nicht“, sagte Vorstandsmitglied Nikolaus von Bomhard in einer Telefonkonferenz. „Die Rückversicherungskapazitäten auf dem Weltmarkt sind knapp.“ Trotzdem musste das Unternehmen auch 2002 in der Rückversicherung erneut ein hohes technisches Defizit zeigen. Die Schaden-und Kostenquote betrug 122,4 Prozent. Für jeden Prämien-Euro gab die Münchener Rück 1,22 Euro für Schäden und Kosten aus.
Das ist zwar eine deutliche Verbesserung gegenüber 2001, als der Wert unter anderem wegen des Schadens aus dem Terrorangriff auf das World Trade Center bei 135,1 Prozent lag. Aber von einer Nutzung des teuren Markts für einen deutlich verbesserten Beitrag zum Jahresergebnis kann nicht die Rede sein.
Von Bomhard sagte, der positive Preistrend werde mindestens zwei Jahre anhalten. Zwar gebe es in Einzelsparten wie der Luftfahrt-und der Katastrophenschadendeckung sinkende oder stagnierende Preise. „Aber auch mit denen können wir gut leben.“
Für das Jahr 2002 legte die Münchener Rück einen Jahresgewinn von 1,08 Mrd. Euro vor, nach 250 Mio. Euro im Vorjahr. Allerdings halfen dabei 4,67 Mrd. Euro einmalige Sondererträge. Sie stammen aus den vor zwei Jahren beschlossenen Transaktionen mit der Allianz, die aus Steuergründen erst 2002 bilanzwirksam wurden.
Deutlich negativ zu Buche schlug die Börsenschwäche: Die Gruppe musste auf Aktien 6,33 Mrd. Euro abschreiben, von denen 2,46 Mrd. Euro auf eigene Rechnung gingen – der Rest entfiel größtenteils auf Kunden und deren Ansprüche in der Lebensversicherung. Reservestärkungen bei der US-Tochter American Re, die ein Loch in ihren Rückstellungen für Asbest-und Umweltschäden festgestellt hatte, kosteten 1,45 Mrd. Euro.
Vorbei ist es mit den Abschreibungen noch nicht: Die Gruppe hatte Ende 2002 stille Lasten von 2,03 Mrd. Euro auf ihren Aktienbestand. Inzwischen ist der Dax weiter gefallen, die Summe dürfte deutlich höher sein – und schlägt sich jedenfalls zum Teil negativ im Abschluss 2003 nieder.
„Wir haben unsere Aktienquote von 33,3 Prozent der Kapitalanlagen Ende 2001 auf 15,5 Prozent Ende 2002 gesenkt“, sagte Schneider. Davon entfallen jetzt 4,3 Prozent – früher 10,3 Prozent – auf die Beteiligungen an Allianz und HypoVereinsbank (HVB). Die restlichen knapp 85 Prozent sind festverzinslich angelegt.
Zufrieden ist die Gruppe mit ihrem Wachstum. Sie legte um 10,8 Prozent auf 40,01 Mrd. Euro Beitragseinnahmen zu. Nicht befriedigend ist dagegen die Entwicklung des Eigenkapitals. Es ging wegen des Wertverlusts der Kapitalanlagen, vor allem der Beteiligungen an Allianz und HVB, von 19,36 Mrd. Euro auf 13,95 Mrd. Euro zurück. Jetzt will sich die Münchener Rück frisches Geld durch eine nachrangige Anleihe holen. Einzelheiten wollte Schneider nicht nennen. Nach Marktinformationen wird der Umfang bis 3 Mrd. Euro betragen.
Zitat:
„Die Kapazitäten auf dem Weltmarkt sind knapp“ – N. von Bomhard, Vorstandsmitglied Münchener Rück
Bild(er):
Die 17 Meter hohe Statue Walking Man steht vor einem Bürogebäude der Münchener Rück an der Leopoldstraße – Bernd Schuller.
Quelle: Financial Times Deutschland
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