Verkäufern unsauberer Policen droht Strafprozess

Provisionsschinderei bei Versicherungsvertrieb strafbar

Von Herbert Fromme, Bad Bramstedt Versicherungsvertreter, die mit unsauberen Methoden Kapitallebensversicherungen verkaufen, müssen nicht nur mit zivilrechtlichen Ansprüchen auf Schadensersatz rechnen, sondern auch mit strafrechtlicher Verfolgung wegen Betrugs. Das kann auch der Fall sein, wenn der Vertreter Policen zu marktüblichen Konditionen verkauft, sie für den individuellen Kunden aber nicht geeignet sind. Das sagte der Berliner Strafrechtsprofessor Felix Herzog auf der Wissenschaftstagung des Bundes der Versicherten.

Das entscheidende Kriterium für einen Betrug sei, ob es zu einer Vermögensschädigung des Kunden gekommen ist, deren Grundlage eine Täuschung durch den Vermittler war. Dazu gehöre die Provisionsschinderei. „Letztlich ist hinter jeder Beratung zum Abschluss einer Kapitallebensversicherung, die nicht umfassend, wahrhaftig und an den Bedürfnissen und Zielen des Versicherungsnehmers orientiert ist, eine Provisionsschinderei als Motiv zu vermuten“, sagte Herzog. Bekannt sei der Fall des Verkaufs einer Kapitalpolice an einen Spätaussiedler mit hohen Sprach-und Intergrationsproblemen, der kurz vor dem Gang zum Sozialamt stand. Der gleichzeitige Abschluss von Kapitalleben-, Unfall-, Hausrat-und Haftpflichtpolicen an einen alkoholkranken Langzeitarbeitslosen, der für die Prämien mehr als 25 Prozent der Arbeitslosenhilfe zahlt, gehört in dieselbe Kategorie.

Auch wenn Vermögen in unsinniger Weise gebunden wird, kann es sich um Betrug handeln. „Es macht offenkundig keinen Sinn, einer 85-jährigen Rentnerin eine Kapitallebensversicherung mit 25-jähriger Laufzeit zu verkaufen“, sagte Herzog.

Betrugsrelevant seien auch Fälle so genannter fremdfinanzierter Kapitallebensversicherungen, bei denen eine Kapitalpolice gekoppelt mit einem Kreditvertrag zu deren Finanzierung verkauft wird. Steht bei einer solchen Konstruktion fest, dass die Finanzierung unweigerlich zu einem Verlust führen muss, liegt durch die Koppelung der Tatbestand des Betrugs vor, sagte Herzog – „auch wenn isoliert betrachtet marktübliche Konditionen für die beiden Produkte Policen und Kredit galten“.

Die Versicherungswirtschaft sollte strafrechtliche Ermittlungen in solchen Fällen unterstützen und nicht unter den Teppich kehren, forderte er. „Sie wird nämlich hierdurch nicht nur in ihrem Ruf geschädigt, sondern ist auch selber Opfer von solchen Provisionsvertreterbetrugsfällen.“

Quelle: Financial Times Deutschland

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