Von Bomhard muss den Rückversicherer profitabler machen, die Erstversicherung flott kriegen und bei den Bankbeteiligungen aufräumen
Von Herbert Fromme, Köln Nikolaus von Bomhard löst Hans-Jürgen Schinzler an der Spitze der Münchener Rück in einer für den Konzern schwierigen Situation ab. Der weltgrößte Rückversicherer hat mit Problemen in allen Geschäftsfeldern zu kämpfen. Ausdruck der Misere: Der Börsenkurs schrumpfte seit November 2000 von 391 Euro auf 87,25 Euro – heute ist der Konzern an der Börse noch gut 15 Mrd. Euro wert, nach noch 56 Mrd. Euro vor 16 MonatenEuro.
Von Bomhard ist Rückversicherer – und kein Kapitalanleger oder Controller. Das sehen die operativen Mitarbeiter im Rückversicherungsgeschäft der Gruppe mit Genugtuung. Sie erwarten, dass der neue Mann den Fokus mehr auf das Kerngeschäft lenkt und die missglückten Ausflüge in das Bankengeschäft, etwa die Beteiligung an der inzwischen angeschlagenen HypoVereinsbank, geordnet beendet.
Aber der Konzern kann von Bomhards Fachkenntnisse auch in seinem Hauptgeschäft gut gebrauchen: Mit ihrer Rückversicherung, die Risiken von Erstversicherern übernimmt, haben die Münchner gewaltige Probleme. Zwar hat der Weltmarktführer einen ausgezeichneten Ruf. Aber dennoch verdient die Münchener Rück mit der Rückversicherung nicht genug Geld.
Nach eigenen Angaben war der Markt nie so positiv wie heute. Schon für 2002 waren die Preise für Rückdeckungen weltweit kräftig gestiegen. Dennoch hat die Gruppe eine Schaden-und Kostenquote von 122,4 Prozent der Beitragseinnahmen eingefahren – also 22,4 Prozent mehr für Schadenaufwand, Verwaltung und Provisionen ausgegeben, als sie von ihren Kunden einnahm.
Wer bei der Münchener Rück glaubt, von Bomhard könne im Kerngeschäft einfach so weitermachen wie bisher und alle Probleme kämen von anderen Konzernteilen, wird enttäuscht werden.Vor allem im US-Geschäft herrscht hoher Sanierungsbedarf. Die von Schinzler im August 1996 übernommene Tochter American Re überrascht mit immer neuen, tiefen Löchern, die vom Konzern gestopft werden müssen: Zuletzt waren es 2 Mrd. Euro für Umwelt-und Asbestlasten, die Ende der 90er Jahre schon unter Münchener-Rück-Hoheit angehäuft wurden.
Auch in der Erstversicherung, in der die Gruppe direkt mit Endkunden Geschäfte macht, besteht Handlungsbedarf. Die Zwischenholding Ergo, zu der Victoria,Hamburg-Mannheimer und DKV gehören, hatte 2002 einen Verlust von 1,13 Mrd. Euro eingefahren, der fast ausschließlich aus den Aktienanlagen stammt.
Der gesamte Konzern leidet unter den Weltbörsen. Noch Ende 2001, 21 Monate nach Beginn des Verfalls der Aktienmärkte, hatte die Münchener Rück 33,3 Prozent ihrer Kapitalanlagen in Aktien, einschließlich der 10,3 Prozentpunkte in Papieren der Allianz und des Bankpartners HypoVereinsbank (HVB). Ein Jahr später lag die Aktienquote bei 15,5 Prozent, einschließlich 4,3 Prozentpunkte Allianz-und HVB-Aktien. Die Rück musste also 2002 im fallenden Markt in großem Stil verkaufen.
Dabei ist die Münchener Rück in besonderem Maße bei den krisengeschüttelten deutschen Banken engagiert. Ihr gehören 26 Prozent der HVB, zehn Prozent der Commerzbank und 20 Prozent der Allianz, die wiederum 100 Prozent an der Dresdner Bank hält.
Das Allfinanzprojekt ist der Münchener Rück genauso wenig bekommen wie der Allianz. Der Preis für die Zusammenarbeit der Erstversicherungstochter Ergo mit der HVB ist hoch. Das kommt weder bei Analysten noch bei Rating-Agenturen gut an – auch darum wird sich von Bomhard kümmern müssen.
Denn vom Rating hängt sehr viel ab. Um ihre Rolle als führender Rückversicherer zu halten, kann sie sich eine weitere Herabstufung durch die Rating-Agenturen nicht leisten. Trotz der Anleihen über insgesamt 3,4 Mrd. Euro, könnte dem Konzern ein weiterer Rückgang des Ratings blühen, das zurzeit bei „AA-“ mit „negativem Ausblick“ steht. Um das zu verhindern, müsste die Münchener Rück möglicherweise doch zum bei Anlegern und Analysten unbeliebten Instrument der Kapitalerhöhung greifen. Dann aber vielleicht schon mit dem eingefleischten Rückversicherer von Bomhard an der Spitze.
Hans-Jürgen Schinzler tritt mit gemischter Bilanz ab – Münchener Rück (2).
Quelle: Financial Times Deutschland
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