Erstmals Bereitschaft zum Verkauf der Bankbeteiligung “ Ergebnis 2003 weiter von Abschreibungen belastet
Von Herbert Fromme, München Die Münchener Rück denkt um. Ihre Beteiligung von 25,7 Prozent an der HypoVereinsbank (HVB), die noch vor kurzem als unangreifbar galt, weil sie die Kooperation des Versicherers mit der Bank unterlegte, steht zur Disposition. „Wir sind bereit, die Beteiligung an der HVB auf einen deutlich niedrigeren Prozentsatz zu senken“, sagte Vorstandschef Hans-Jürgen Schinzler am Mittwoch in München. Auch einen vollständigen Rückzug schließt er nicht aus.
Mit dem Strategiewechsel reagiert Schinzler auf den Crash der Aktie vor vier Wochen. Am 27. März hatte er die Jahreszahlen für 2002 bekannt gegeben – darunter Abschreibungen von 5,7 Mrd. Euro auf Aktien. Der Gewinn von 1,1 Mrd. Euro resultierte aus hohen Sondererträgen aus dem großen Beteiligungstausch mit der Allianz. Innerhalb von drei Tagen verlor der Wert 30 Prozent, in drei Jahren 80 Prozent. „Ein Schlachtfest“, sagte Finanzchef Jörg Schneider. Einer der Hauptkritikpunkte ist, dass der weltgrößte Rückversicherer zu stark im deutschen Bankensektor exponiert ist.
Auch wenn die Aktie inzwischen wieder kräftig zugelegt hat, haben Schinzler, der am Montag überraschend seinen Wechsel in den Aufsichtsrat zum 1. Januar 2004 bekannt gab, und sein Nachfolger Nikolaus von Bomhard ihre Lektion gelernt. Deshalb spricht Schinzler offen über den möglichen Verkauf von HVB-Anteilen. Allerdings sei der aktuelle Aktienkurs dafür nicht hoch genug. „Wir haben zurzeit keine Verkaufsabsichten“, beruhigt er. Die Münchener Rück sei bereit, im Rahmen einer breiteren Lösung Anteile aufzugeben. Eine Fusion von HVB und Commerzbank, an der die Münchener Rück zehn Prozent hält, sei gegenwärtig „nicht zu stemmen“, prinzipiell aber möglich. Beide Institute müssten erst ihre Hausaufgaben machen.
Die Beteiligung an der Allianz wird gerade von über 20 auf 15 Prozent zurückgefahren. Deshalb muss die Münchener Rück Gewinne und Verluste des Nachbarn künftig nicht mehr anteilig in ihrer Bilanz zeigen, sondern nur die Dividendenzahlungen als Einnahme buchen. In Sachen HVB ist das noch anders. Auch deshalb wäre Schinzler eine geringere Beteiligung wohl recht. Die Münchener Rück hat genug eigene Probleme: Im Kernfeld Rückversicherung musste sie im Vorjahr trotz höherer Preise noch hohe Verluste einstecken. Die Schaden-und Kostenquote betrug 122 Prozent der Beitragseinnahmen.
Zum Jahresergebnis 2003 wollte die Konzernführung keine Prognose abgeben. Die Prämieneinnahmen sollen um drei bis fünf Prozent wachsen, gegenüber einem Plus um elf Prozent im Jahr 2002. Vor allem wegen der Börsenschwäche erwartet Finanzchef Schneider für das erste Quartal Abschreibungen „im hohen dreistelligen Millionenbereich“. Ob der Konzern in den ersten drei Monaten einen Gewinn gemacht hat, ließ Schinzler offen.
Von Bomhard sagte, er werde die grundlegende Strategie beibehalten. Schinzler sagte zu seinem Rückzug, zehn Jahre als Vorstandschef und 13 Jahre als Finanzchef seien genug. Er laufe nicht davon. „Wenn ich das Gefühl gehabt hätte, ich muss hier eine Suppe auslöffeln, dann hätte ich das getan.“
Bild(er):
Der scheidende Konzernchef Hans-Jürgen Schinzler hat am Mittwoch zum letzten Mal die Jahresergebnisse des weltgrößten Rückversicherers präsentiert – ddp/Johannes Simon.
Quelle: Financial Times Deutschland
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