Branche einigt sich auf Rettungsplan für Mannheimer · Sanierung kostet 370 Mio. Euro
Von Herbert Fromme, Köln In einer bisher einmaligen kollektiven Hilfsaktion will die deutsche Versicherungswirtschaft die schwer angeschlagene Mannheimer-Gruppe retten. Am Montagabend verständigten sich das Präsidium und der Hauptausschuss Lebensversicherung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in getrennten Sitzungen darauf, die Mannheimer mit insgesamt 370 Mio. Euro – 70 Mio. Euro mehr als erwartet – zu stützen. Die Unternehmen sollen entsprechend ihrer Marktanteile zahlen. Die 370 Mio. Euro beruhen auf den letzten Schätzungen einer Arbeitsgruppe, die sich mit dem Rettungsplan beschäftigt hat.
Im 15-köpfigen Präsidium sitzen die Spitzen der deutschen Assekuranz, darunter Münchener-Rück-Chef Hans-Jürgen Schinzler, Walter Thießen, Chef von AMB Generali, und die Allianz-Vorstände Reiner Hagemann und Gerhard Rupprecht. Zwischen 17 und 20 Uhr kam es nach Angaben von Teilnehmern des Geheimtreffens am Frankfurter Flughafen zu einer kontroversen Debatte, in der die Gegner einer Branchenlösung aber deutlich in der Minderheit waren.
Die Mehrheit führte den immensen politischen Schaden an, den die Pleite auch nur eines einzigen Versicherers anrichten könne. „Die SPD-Linken warten doch nur darauf, dass ein Versicherer kollabiert“, sagte ein Versicherungsmanager. Zurzeit versucht die Branche, die Politik von einer stärkeren Rolle der privaten Altersversorgung zu überzeugen.
Zudem sei die Alternative sehr teuer, hieß es. Ohne die Hilfsaktion müsste die Finanzaufsicht BaFin die Mannheimer schließen, die Verträge würden in die Auffanggesellschaft Protektor wandern. Dabei würden hohe Kapitalisierungs-und Anlaufkosten anfallen, zu deren Übernahme sich alle Lebensversicherer verpflichtet haben.
In der anschließenden Besprechung des Hauptausschusses Lebensversicherung waren sich die Teilnehmer nach 90 Minuten ohne größere Kontroverse über die Rettung einig.
Die Befürworter der Mannheimer-Rettung eint der Optimismus, dass keine weiteren deutschen Lebensversicherer in Schieflage kommen. Sollte das doch passieren, hätte die Branche einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen, was bei größeren Problemfällen als der Mannheimer leicht ein Milliardenproblem werden könnte.
Die Mannheimer hatte sich unter Konzernchef Hans Schreiber an der Börse verspekuliert. Schreiber trat am vergangenen Freitag zurück. Er hinterließ ein Unternehmen am Rand des Zusammenbruchs. Schreiber hatte auch dafür gesorgt, dass sich kein Großaktionär herausbilden konnte – und auch niemand da war, der bei der Schieflage frisches Geld einschoss. Die österreichische Uniqa hält 13 Prozent, die Münchener Rück zehn Prozent, sechs weitere Versicherer jeweils unter fünf Prozent.
Verbandspräsident Bernd Michaels soll die Bereitschaft der Branche zur Rettung am Freitag mit BaFin-Präsident Jochen Sanio besprechen. Wenn die BaFin wie erwartet grünes Licht gibt, kann die Aktion anlaufen. Das wird Wochen dauern: Meist sind Aufsichtsratsbeschlüsse nötig, wenn sich die Firmen an anderen Gesellschaften – hier der Mannheimer – beteiligen wollen.
Mehr als 90 Prozent der deutschen Lebensversicherer dürften bei der Rettungsaktion mitmachen. Sie zahlen dabei entsprechend des Anteils ihrer Kapitalanlagen an denen des Gesamtmarktes. Das entspricht fast dem Marktanteil und ist derselbe Mechanismus, der von der Branche für die bisher noch nicht nötige Kapitalisierung der Auffanggesellschaft Protektor vereinbart wurde. Für den Marktführer Allianz etwa heißt das, dass er rund 20 Prozent – etwa 75 Mio. Euro – aufbringen muss.
Das Geld soll auf drei Wegen fließen. Rund 130 Mio. Euro sollen aus einer Kapitalerhöhung mit Kapitalschnitt kommen. Als Folge wären die Aktionäre fast enteignet, wenn sie nicht selbst frisches Geld einschießen. Der größte Teil der restlichen 240 Mio. Euro soll aus der Ausgabe von nachrangigem Genussscheinkapital stammen. Zudem ist immer noch eine Vorfinanzierung künftiger Gewinne aus der Lebensversicherung auf dem Weg der Rückversicherung im Gespräch.
Zitat:
„Die SPD-Linken warten doch nur darauf, dass ein Versicherer kollabiert“ – Manager einer Versicherung
Leitartikel Seite 27.
Quelle: Financial Times Deutschland
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