Erste Pleite eines deutschen Lebensversicherers droht · Rettung gescheitert · Branche uneins
Von Herbert Fromme, Köln Die deutschen Versicherer sind mit ihrem Rettungsversuch für den angeschlagenen Konkurrenten Mannheimer gescheitert. Damit steht die von der Branche gefürchtete erste Insolvenz eines Lebensversicherers in Deutschland seit mehr als 50 Jahren kurz bevor – wenn sich nicht noch in letzter Minute ein Investor findet.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) konnte für den Rettungsplan nicht die erforderliche Unterstützung von 90 Prozent seiner Mitglieder – in Marktanteilen gemessen – mobilisieren. Das stellte sich bei einem Treffen gestern in Frankfurt heraus, zu dem der GDV-Hauptausschuss Leben alle 120 Marktteilnehmer eingeladen hatte. Dort forderte GDV-Präsident Bernd Michaels die Unterstützung von 90 Prozent ein, die das GDV-Präsidium bei Beginn der Rettungsaktion als Mindestbeteiligung festgesetzt hatte – und verfehlte die Quote knapp.
Der Verband teilte daraufhin der Mannheimer das Scheitern mit. Unter anderem verweigerten sich die Axa Deutschland, die zum Pariser Axa-Konzern gehört, die Swiss Life/Rentenanstalt sowie Zürich Leben und Deutscher Herold, die beide Teil der Zurich Financial Services sind.
„Die aus dem Ausland kontrollierten Gesellschaften haben offenbar kein Interesse an der Zukunft des deutschen Lebensversicherungsmarkts“, sagte ein empörter Manager nach der Sitzung. Aber auch kleine Gesellschaften mit deutschen Mehrheitseignern lehnten eine Beteiligung ab.
„Da soll ein Unternehmen künstlich am Leben und damit als Marktteilnehmer erhalten werden, das versagt hat“, sagte ein Gegner der Rettungsaktion.
Die Gelder der Kunden sind nicht gefährdet. Ihre Verträge werden höchstwahrscheinlich auf die für solche Fälle von den GDV-Mitgliedern gegründete, aber noch inaktive Auffanggesellschaft Protektor übertragen. Die Mannheimer zahlt ihren Kunden ohnehin seit Jahresanfang nur noch die Mindestverzinsung auf das Sparkapital, die zwischen 3,25 Prozent und 4 Prozent liegt. Die selben Garantiesätze schreibt auch Protektor gut.
Der GDV wollte den Zusammenbruch der Mannheimer um jeden Preis verhindern. Vor allem die Marktführer Allianz und Münchener Rück – zu der die Hamburg-Mannheimer und die Victoria gehören – befürchten einen großen politischen Schaden. Die Assekuranz wirbt zurzeit bei der Politik für eine stärkere Rolle der Lebensversicherer in der Altersversorgung. Eine Versicherungspleite passt da überhaupt nicht ins Konzept.
Die im SDax notierte Mannheimer hatte sich an der Börse verspekuliert. Vorstandschef Hans Schreiber trat am 13. Juni auf Druck der Finanzaufsicht BaFin zurück. Obwohl die Mannheimer Leben mit 332 Mio. Euro Prämieneinnahmen und Rang 33 im Markt ein kleines Unternehmen ist, war durch die Fehlspekulationen ein gewaltiger Schaden entstanden. Rund 370 Mio. Euro frisches Geld sind nach GDV-Berechnungen nötig.
Den Betrag sollten alle Lebensversicherer je nach Anteil an den Gesamtkapitalanlagen des Marktes aufbringen, das entspricht in etwa dem Marktanteil. Das ist der selbe Verteilungsschlüssel, mit dem die Versicherer die Auffanggesellschaft Protektor finanzieren wollen.
GDV-Präsident Michaels will morgen der deutschen Finanzaufsicht BaFin das Scheitern der Rettungspläne mitteilen. BaFin-Präsident Jochen Sanio ist zurzeit in London, Versicherungs-Chefaufseher Thomas Steffen wird sich des Problemfalls annehmen müssen – er beobachtet die Mannheimer seit Monaten mit Sorge.
Weil die Rettung gescheitert ist, wird die BaFin kaum umhin kommen, bei der Mannheimer Leben einen Sonderbeauftragten einzusetzen. Das ist ein erfahrener Manager, der im Auftrag der Aufsicht die Funktion des Vorstands wahrnimmt. Offen ist, wann die Verträge auf Protektor übertragen werden – es gibt dafür noch kein Vorbild. Auch die Zukunft der anderen Konzernteile und der Holding ist offen. Vor allem die Mannheimer Krankenversicherung könnte große Probleme bereiten, für Krankenversicherer gibt es noch keine vergleichbare Lösung zu Protektor.
Zitat:
„Da soll ein Unternehmen künstlich am Leben erhalten werden, das versagt hat“ – Ein Gegner der gescheiterten Rettungsaktion.
Quelle: Financial Times Deutschland
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