Sparkassen müssen dem Versicherer Geld nachschießen
Von Herbert Fromme, Kiel Die Provinzial Nord hat 2002 mit Aktien einen Verlust von 517 Mio.Euro erlitten. Davon hat der Sparkassenversicherer mehr als die Hälfte, genau 271 Mio. Euro, als stille Last der Lebensversicherungstochter in dieses Jahr verschoben. „Wir werden diese stillen Lasten im laufenden Jahr komplett abbauen. Das hat absolute Priorität“, sagte Vorstandschef Roland Reime gestern in Kiel.
Damit zahlt das Unternehmen die Zeche für seine risikoreiche Anlagestrategie: Die Gruppe hielt rund 30 Prozent ihrer Kapitalanlagen in Aktien, deutlich über dem Marktschnitt. „Das hat jahrelang zu hohen Überschüssen geführt, die unseren Kunden zugute kamen“, sagte Reime. 2002 führte die hohe Aktienquote aber zum Einbruch, der deutlich höher als bei anderen Sparkassenversicherern ausfiel – mit der Ausnahme der Provinzial Münster. Die Kieler verloren mit ihrer Lebensversicherung 493 Mio. Euro an der Börse, mit der Schaden-und Unfallversicherung weitere 24 Mio. Euro.
Jetzt müssen die Eigner die stille Last im laufenden Jahr abtragen: Die Sparkassen tragen dazu 145 Mio.Euro bei. Sie zeichnen eine nachrangige Anleihe der Provinzial Holding „zum Kapitalmarktzins“ von zurzeit rund vier Prozent, sagte Reime. Die Sparkassen in Schleswig-Holstein halten 90 Prozent, der Ostdeutsche Sparkassen-und Giroverband zehn Prozent.
Den Rest der 272 Mio. Euro bringt der Lebensversicherer selbst auf – 101 Mio.Euro aus dem gewinnbringenden Verkauf von festverzinslichen Anleihen, weitere 26 Mio. Euro aus Immobilien. Damit werden künftige Gewinne mobilisiert, um das Loch zu stopfen. Der Regionalversicherer ist in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern aktiv. Die Prämieneinnahmen der Gruppe beliefen sich im Jahr 2002 auf 634 Mio. Euro, ein Anstieg von 7,5 Prozent.
Über personelle Konsequenzen aus dem Bilanz-Loch sei nicht nachgedacht worden, sagte Reime. „Wir teilen diese Probleme mit vielen Versicherern in Deutschland.“ Heute machen Aktien nur noch 1,2 Prozent der Kapitalanlagen aus, erklärte Finanzchef Heinrich Gaußling.
Verschärft wurde die Situation durch die hohen Schäden aus Naturkatastrophen, vor allem Stürme, Hagel und Flut, die zusammen 67 Mio. Euro kosteten. Der Konzern verbuchte einen Verlust vor Steuern von 7 Mio. Euro, verglichen mit einem Gewinn von 22 Mio. Euro – die Zahl ist aber wegen der hohen stillen Lasten eher von statistischem Interesse.
Reime wollte zu Fusionsplänen nichts sagen: „Das ist Sache der Eigner.“ Allerdings sei das Lager der öffentlichen Versicherer stark in Bewegung, zum Beispiel wegen der geplanten Fusion zwischen Sparkassenversicherung Hessen-Nassau-Thüringen und SV Baden-Württemberg. Für Kiel seien die Provinzial-Gesellschaften in Münster und Düsseldorf sowie die Versicherungsgruppe Hannover bei solchen Überlegungen „natürliche Partner“, sagte Reime.
Quelle: Financial Times Deutschland
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