Kölner Konzern setzt auf alternative Investments · Lebensversicherer mit hohen stillen Lasten
Von Herbert Fromme, Köln Die Kölner Gothaer-Gruppe, die zwischenzeitlich als Parion-Konzern firmierte, hat 2002 den höchsten Verlust in der fast 200-jährigen Firmengeschichte eingefahren. Der mit 4,1 Mrd. Euro Prämieneinnahmen mittelgroße Konzern erlitt einen Verlust nach Steuern von 198 Mio. Euro, verglichen mit einem Gewinn von 6 Mio. Euro im Jahr 2001. Vorstandschef Werner Görg lehnte es ab, eine Prognose für das Ergebnis 2003 abzugeben. Allerdings sei der Konzern für die Zukunft „gut gewappnet“.
Die Gothaer-Gruppe wird von dem Versicherungsverein Gothaer Versicherungsbank VVaG geführt, der keine Aktionäre hat.
Görg machte die Turbulenzen an den Kapitalmärkten und die ungünstigen Schadenverläufe in einigen Sparten – vor allem Sturm und Flut – für das Minus verantwortlich. Hohe Verluste aus dem Verkauf von Aktien sowie Abschreibungen schlugen zu Buche.
Der Konzern legte seine Ergebnisse nach der internationalen Rechnungslegung IAS (International Accounting Standards) vor, die rigoroser als das deutsche Handelsgesetzbuch (HGB) mit Verlusten auf Kapitalanlagen umgeht. Während die Tochter Gothaer Leben 425 Mio. Euro an Abschreibungen auf Aktien nach HGB verschob und damit „stille Lasten“ bildete, die noch abgetragen werden müssen, ging die Summe beim Konzern voll als Verlust in die IAS-Bilanz 2002 ein.
Vorstandsmitglied Reinhard Blei sieht das Unternehmen sogar in einem besseren Zustand als viele Rivalen. „Wenn man wirklich ehrlich alles einrechnet, kam die Gothaer Leben 2002 auf eine Rendite von minus 1,7 Prozent der Kapitalanlagen“, sagte Blei. Im Marktschnitt hätten die Lebensversicherer drei Prozent ihres angelegten Kapitals verloren..
Die Gothaer Leben habe bis zum 30. Juni schon 225 Mio. Euro der „stillen Lasten“ aufgeholt, erklärte Blei. Das Unternehmen sei Anfang 2002 in großem Stil in Aktienoptionsfonds eingestiegen und habe damit hohe Gewinne gemacht. Aktien ohne Absicherung gegen Kursverluste machten dagegen nur noch zwei 2 Prozent der Kapitalanlagen aus.
Blei sieht nicht nur bei Aktien, sondern auch bei festverzinslichen Papieren hohe Risiken für die Assekuranz. „Bei längerer Laufzeiten haben wir ein hohes Kursrisiko, ein Zinsanstieg um 1 Prozent beschert uns Kursverluste von 7 Prozent.“ Die Renditen von Papieren mit kürzerer Laufzeit deckten aber kaum die den Kunden zugesagten Garantieverzinsung.
Blei ist ein Verfechter von alternativen Investments, zu denen er Hedge Funds, Private Equity, Immobilienpartnerschaften und Credit-Produkte zählt. Im Dezember 2002 hätten diese 30 Prozent der Kapitalanlagen ausgemacht, in zwei Jahren sollen es 35 Prozent sein.
Vorstandschef Görg versprach außerdem weitere Verbesserungen im eigentlichen Versicherungsgeschäft. Zumindest bei dem Schaden-und Unfallversicherer Gothaer Allgemeine sah es nicht schlecht aus. Er hatte 2002 eine Schaden-und Kostenquote von 97,1 Prozent der Beitragseinnahmen (nach 107,4 Prozent im Vorjahr).
Die Gothaer Leben soll von der Absenkung der Verzinsung des Sparkapitals der Kunden von 5,25 Prozent auf 4,3 Prozent profitieren, die der Konzern mitten im Jahr zum 1. Juli 2003 vollzog. Die stillen Lasten sollen vollständig in 2003 bereinigt werden, so Görg.
Die jahrelang unter schwachen Bilanzzahlen leidende Gothaer Kranken, früher Berlin-Kölnische, habe sich „mit einem Paukenschlag“ zurückgemeldet, sagte Görg. Wegen Kostensenkungen und drastischer Preiserhöhungen konnte das Unternehmen seine Ergebnisse deutlich verbessern. Damit solle mittelfristig auch das Neugeschäft wieder wachsen.
Zitat:
„Die Lebensversicherungsbranche hatte 2002 eine negative Rendite von 3 Prozent“ – Gothaer-Vorstand Reinhold Blei
Bild(er):
Gothaer-Chef Werner Görg (rechts) und Vorstand Reinhold Blei gestern auf der Bilanzpressekonferenz. Sie suchen einen Weg in die Gewinnzone – Reiner Zensen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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