Börse verliert ihren letzten Großaktionär

Allianz verkauft Aktien-Paket für 263 Mio. Euro an institutionelle Investoren · Großes Interesse aus dem Ausland

Von Dirk Benninghoff, Frankfurt, und Herbert Fromme, Köln Mit der Allianz ist der letzte große Aktionär aus der deutschen Finanzbranche bei der Deutschen Börse ausgestiegen. Der Münchner Finanzkonzern hat gestern sein Paket von rund 5,2 % an Großinvestoren aus Deutschland und vor allem aus dem Ausland verkauft. Mit dem Erlös der Transaktion von 263 Mio. Euro für die 5,6 Millionen Aktien zeigten sich Analysten und Banker hochzufrieden. Die Deutsche Börse wird durch die Platzierung noch internationaler: Nur ein Viertel der Zeichner kam aus Deutschland. Der Streubesitz steigt auf 100 %, was die Marktkapitalisierung und damit die Attraktivität der Aktie erhöht.

Achim Schäcker, Leiter Equity Capital Markets Deutschland bei Dresdner Kleinwort Wasserstein und damit verantwortlich für die Platzierung, sprach von einer „außergewöhnlich erfolgreichen Transaktion“. Bereits kurz nachdem der Verkauf des Aktienpaketes am Dienstagabend verkündet worden sei, habe es in den USA die ersten großen Orders gegeben. In Europa trat die Bank gestern Morgen gegen acht Uhr mit Investoren in Kontakt – rund anderthalb Stunden später wurden die Bücher bereits geschlossen. Laut Schäcker war die Platzierung mehr als zweifach überzeichnet. Die Aktie wurde für 46,80 Euro zugeteilt. Der Abschlag von nur 0,6 % zum Marktkurs der Aktie sei extrem niedrig gewesen. So ging der Kurs der Börse nicht so stark in die Knie wie befürchtet. Er verlor 2,5 %.

Knapp zwei Drittel der Nachfrage kam von großen Investoren aus dem angelsächsischen Raum. Experten sehen den Verkauf für die Börse daher positiv – vor allem mit Blick auf die für 2004 geplante US-Expansion der Terminmarkttochter Eurex. Johannes Thormann, Analyst der WestLB: „Wenn ich schon Aktionär bin, liegt es natürlich nahe, dass ich auch Kunde werde.“ Nach FTD-Informationen kaufte auch der US-Fonds Fidelity weitere Aktien, was die Gesellschaft aber nicht bestätigen wollte. Über zwei Töchter hält Fidelity bereits 10,1 % an der Börse. Da die Fonds die Anteile aber nur verwalten, gehen die Aktien in den Streubesitz ein. Überraschend viele Orders habe es auch von Großinvestoren aus Spanien gegeben, heißt es in Frankfurt.

Bereits vor der Platzierung kamen nur noch 45 % der Aktionäre der Börse aus Deutschland. Seit dem Börsengang 2001 haben zahlreiche inländische Marktteilnehmer ihre Anteile versilbert. Die Verflechtung mit den Banken wurde aufgelöst, der Streubesitz und damit der Börsenwert immer stärker erhöht und vor allem ein breiter internationaler Investorenkreis erschlossen.

Allerdings gab es auch kritische Stimmen zu den Verkäufen. So hatte die Rating-Agentur Moody’s ihren Ausblick für das Kreditrating der Deutschen Börse kurzzeitig auf „negativ“ gesenkt, nachdem die Deutsche Bank im Oktober 2002 ausgestiegen war. Grund: Kurz nach der Trennung von der Börse trat Deutschlands größte Bank mit einer eigenen außerbörslichen Handelsplattform als Konkurrent auf. Bei Moody’s wird der Verkauf keine Auswirkung auf das Rating haben.

Die Allianz verbuchte bei der Transaktion einen kräftigen Gewinn. Für den Versicherer habe sich das lange Warten ausgezahlt, sagten Analysten. Die Deutsche Bank hatte beim Verkauf ihrer Anteile von 9,3 % nur 34,50 Euro pro Aktie eingenommen. Mit dem Verkauf kehrt die Allianz in Deutschland zu dem von Vorstandsmitglied Paul Achleitner gepredigten Kurs des „aktiven Portfolio-Managements“ auch bei Beteiligungen zurück. Dass die Allianz jetzt ausgestiegen ist, überraschte die Finanzszene daher nicht. „Da die Beteiligung nicht zum Kerngeschäft und der Ausrichtung passt und sich der Aktienkurs der Börse gut entwickelt hat, war es klar, dass sie oben auf der Verkaufsliste steht“, sagte ein Analyst.

Beteiligungen machen einen kleinen Teil der Kapitalanlagen bei der Allianz aus. Nur zwischen 25 und 30 Mrd. Euro, so Schätzungen, dürfte sie in Deutschland in Beteiligungen angelegt haben. Davon liegt die Hälfte in strategischen Investments. Der Konzern hatte Ende 2002 Kapitalanlagen von knapp 440 Mrd. Euro.

Bild(er):

Altes Börsengebäude in Frankfurt. Die Seile zur deutschen Finanzszene sind gesellschaftsrechtlich endgültig gekappt – Argum/Thomas Einberger.

Quelle: Financial Times Deutschland

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