Kölner Versicherungskonzern weicht von Fusionskurs ab · Vorstandschef Werner Görg im FTD-Interview
Von Herbert Fromme, Köln Der Gothaer-Konzern wird seinen Lebensversicherer mit einem Zuschuss von 60 Mio. Euro stützen. Das sagte Konzernchef Werner Görg im Interview mit der Financial Times Deutschland. Damit ist es der Gothaer Lebensversicherung möglich, ihre stillen Lasten vollständig abzubauen. Mit 4,1 Mrd. Euro Prämien im vergangenen Jahr gehört die Gothaer-Gruppe zu den zehn größten deutschen Versicherern.
Die Gothaer Leben hatte durch die Dauerflaute an den Börsen erhebliche Verluste aus den Kapitalanlagen in Aktien eingefahren. Davon wurden 225 Mio. Euro im vergangenen Jahr abgeschrieben. Die Abschreibungen auf weitere Wertverluste in Höhe von 425 Mio. Euro verschob das Unternehmen. Sie sollen im laufenden Jahr verdaut werden. Bis Ende August hat das Unternehmen bereits zwei Drittel der Lasten abgebaut.
Trotz dieses Negativeffekts erwartet Görg für 2003 die Rückkehr in die Gewinnzone. Der Konzern wird von einem Gegenseitigkeitsverein geführt und hat deshalb keine Aktionäre. „Wir werden 2003 nach dem internationalen Bilanzstandard IAS bei 50 Mio. Euro landen“, sagte Görg. Für 2002 hatte er einen Konzernverlust von 198 Mio. Euro bekannt geben müssen.
Allerdings machte Görg einen wichtigen Vorbehalt bei seiner Gewinnprognose: „Wir gehen fest davon aus, dass die gegenwärtigen unsinnigen Steuerregeln für Lebens-und Krankenversicherer geändert werden.“
Nach heute geltendem Recht müssen diese Unternehmen bei Verlusten aus Aktien zusätzliche Steuern zahlen. Bei der Gothaer wäre das eine Sonderbelastung von rund 100 Mio. Euro, sagte Görg. Eine Änderung im Sinne der Versicherungswirtschaft, die auch 2003 schon greift, sei aber sehr wahrscheinlich.
„Wir haben zahlreiche Hinweise aus dem Finanzministerium und der Finanzaufsicht BaFin, dass man dort das Problem erkannt hat und an Lösungen arbeitet.“ Sollte die Änderung doch nicht kommen, werde die Gothaer ein deutlich schlechteres Ergebnis vorweisen, aber nicht unbedingt einen Verlust.
Operativ verlaufe das Jahr 2003 bisher „außerordentlich zufrieden stellend“ Die Kosten-und Schadensituation verbessere sich, allein die Schadenquote sei um zwölf Punkte zurückgegangen. Die Kostenquote habe sich in den letzten Jahren von 36 Prozent der Beiträge auf knapp über 30 Prozent verbessert, 2006 soll sie nur noch 28 Prozent betragen. Durch die Reduzierung der heute 76 Bezirksdirektionen wird der Sparkurs fortgesetzt. „Insgesamt wird die Schaden-und Kostenquote wie 2002 deutlich unter 100 Prozent liegen.“
Auch das Wachstum des Lebensversicherers sei mit 44 Prozent der Beitragssumme erfreulich. Die früher problembeladene Gothaer Kranken werde 2003 „hervorragende Kennzahlen“ vorweisen können und deshalb bei Beitragsanpassungen Ende 2003 deutlich unter der Konkurrenz bleiben.
Übernahmen und Fusionen, die Görgs Vorgänger Wolfgang Peiner – heute Finanzsenator in Hamburg – ins Auge gefasst hatte, sind für Görg ohne Reiz. „An die Fusionitis in der Assekuranz glaube ich ohnehin nicht.“ Zuletzt hatte er erfolglos mit der Signal Iduna verhandelt. Die Gothaer sei nur an Versicherungsbeständen interessiert, nicht an den Firmen mit Altlasten und Personalproblemen.
Dennoch hatte die Gothaer im Juli 2002 die verlustbringende A&O Autoversicherung Oldenburg übernommen. Für Görg ist das kein Widerspruch. „Vierzehn Tage später waren alle Verträge auf uns übertragen.“ Das Unternehmen selbst sei nur noch in Vertriebsfunktionen aktiv.
Zitat:
„An die Fusionitis in der Assekuranz glaube ich ohnehin nicht“ – Gothaer-Chef Werner Görg.
Quelle: Financial Times Deutschland
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