Neuregelung tritt 2005 in Kraft · Übergangsfrist mindestens zwölf Jahre · Branche fürchtet Absatzeinbruch
Die Steuerfreiheit der Kapitallebensversicherung soll fallen. Dies wird im Zusammenhang mit der Umstellung auf die nachgelagerte Besteuerung der Alterseinkünfte zum 1. Januar 2005 geschehen. Wie es gestern in Regierungskreisen hieß, gibt es bisher noch keinen Gesetzentwurf für die Reform, wohl aber ein Eckpunktepapier. Dieses soll bei der Kabinettsklausur am kommenden Sonntag besprochen werden. Dann wird die Bundesregierung mit den rot-grünen Fraktions-und Parteispitzen über die kurz-und langfristig notwendigen Reformschritte in der Rentenversicherung diskutieren. Auch die Steuerfragen sollen geklärt werden.
Laut Jürgen Wagner, Steuerchef beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), plant die Regierung, dass der Wertzuwachs der Lebensversicherungen besteuert werden soll – obwohl die Beiträge in der Ansparphase steuerlich meist nicht abzugsfähig sind. Wagner: „Das ist nicht systematisch.“
Nach dem System der nachgelagerten Besteuerung werden Beiträge zur Altersvorsorge freigestellt. Im Gegenzug werden die Rückflüsse im Alter besteuert. Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem Urteil von 2002 den Systemwechsel ab 2005 gefordert. Eine Kommission um den Ökonomen Bert Rürup hatte der Bundesregierung eine Vorlage für die Umstellung geliefert, die jetzt umgesetzt werden soll.
Demnach soll vom 1. Januar 2005 an die Hälfte der Rente steuerpflichtig sein. Zugleich sind zunächst 60 Prozent der Rentenbeiträge abzugsfähig. Erst nach 20 Jahren sollen die Beiträge völlig freigestellt werden.
Bei bestehenden Lebensversicherungsverträgen soll es über mindestens zwölf Jahre dabei bleiben, dass die Versicherten die angesammelten Überschüsse steuerfrei kassieren können. Nicht mehr lange möglich sein sollen dagegen Direktversicherungen, bei denen die Beiträge niedrig pauschal besteuert werden und die Auszahlung steuerfrei ist.
Die Steuerfreiheit der Auszahlungen ist für die Lebensversicherer ein wichtiges Verkaufsargument. Würde es wegfallen, würde auch der Absatz leiden. Der Vorstandsvorsitzende der Allianz Leben und Vorsitzende des GDV-Hauptausschusses Leben, Gerhard Rupprecht, warnte bereits im Frühjahr vor „verheerenden Auswirkungen“ einer Besteuerung.
In der Bundesrepublik gibt es mehr als 50 Millionen abgeschlossene Kapitallebensversicherungen. Die Auszahlungen müssen nicht versteuert werden, wenn der Vertrag über zwölf Jahre gelaufen ist, der Kunde mindestens fünf Jahre Prämien gezahlt hat und die Police das Todesfallrisiko abdeckt. Das soll sich nun für Neuverträge ändern.
Die Versicherungsbranche will das nicht hinnehmen. „Wir haben die Hoffnung, dass sozialpolitische Erwägungen die Besteuerung noch verhindern werden“, sagte eine GDV-Sprecherin. Nach Auffassung des GDV untergräbt die geplante Besteuerung den Aufbau der privaten Altersvorsorge. „Wenn man die kapitalgedeckte Vorsorge aufbauen will, muss man die Lebensversicherung in das Konzept einbeziehen“, sagte die Sprecherin. Die Kapitallebensversicherung sei eines der wichtigsten Instrumente der privaten Altersvorsorge. Wenn die Bundesregierung hier Hürden aufbaue, konterkariere sie ihre Bestrebungen zum Ausbau der Vorsorge.
Bundesfinanzminister Hans Eichel hatte 1999 schon einmal den Wegfall des Steuervorteils angekündigt, dann aber verworfen. Damals war die Steuerfreiheit unter der Bedingung beibehalten worden, dass die Verträge mindestens zwölf Jahre laufen und fünf Jahre Prämien gezahlt werden. „Wahrscheinlich wird es jetzt wieder zu einem ähnlichen Deal kommen“, sagte ein Branchenkenner. Denkbar wäre etwa, dass die Prämien bei der Steuererklärung nicht mehr als Sonderausgabenabzug geltend gemacht werden können, dafür aber die Steuerfreiheit bei der Auszahlung erhalten bleibt. Vom Sonderausgabenabzug profitieren vor allem Selbstständige. Angestellte schöpfen den Freibetrag meist mit ihren Beiträgen zur Rentenkasse schon aus.
Zitat:
„Das ist nicht systematisch“ – GDV-Experte Jürgen Wagner zu den Steuerplänen
Bild(er):
Über der Lebenspolice schwebt der Stempel des Finanzamtes. Gewinne aus Kapitallebensversicherungen sind bald steuerpflichtig – FTD/Peter Raffelt.
Jens Tartler, Berlin, und Anja Krüger, Köln
Quelle: Financial Times Deutschland
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