Nur bei Katastrophenpolicen geben die Raten nach
Von Herbert Fromme, Baden-Baden Die Rückversicherer wollen bei den Vertragsverhandlungen für 2004 keine größeren Preissenkungen hinnehmen. Das erklärten Branchenvertreter gestern zum Beginn der alljährlichen Rückversicherungswoche in Baden-Baden. Dort verhandeln Topmanager mit ihren Kunden, den Erstversicherern, sowie großen Industriekonzernen über die Deckungen für das Jahr 2004. Tatsächliche Vertragsabschlüsse gibt es aber bislang kaum.
„Der Markt bleibt hart, die Preise stabil“, sagte Hans-Peter Gerhardt, Chef der Axa Re. „Wer von sinkenden Preisen spricht wie manche Makler, will sie herbeireden.“ Gerhardt gestand zu, dass manche Katastrophendeckungen um fünf Prozent bis zehn Prozent billiger werden. Das könnte deutsche Versicherungsunternehmen entlasten. Sie müssen nach den hohen Sturm-und Flutschäden der letzten Jahre hohe Preise für solche Rückdeckungen zahlen.
„Aber in der Haftpflicht gehen die Preise nach oben“, sagte Gerhardt. Das gelte vor allem für die Industriehaftpflicht, in der es drastische Preiserhöhungen geben werde. Aber auch Rückdeckungen für die Kfz-Haftpflicht würden deutlich teurer.
Ähnlich äußerte sich Wilfried Müller, Chef der Gothaer Rück. „Bei den schweren Haftpflichtrisiken zum Beispiel in der Pharma-und Chemieindustrie werden Preise und Bedingungen deutlich angepasst.“
Makler und Einkäufer sahen die Situation gelassen. „Das ist auch ein Ritual. So mancher hat zu Beginn der Baden-Baden-Woche lautstark getönt und ist ziemlich gerupft wieder herausgekommen“, sagte ein Versicherungsmanager. Mit Ausnahme der Haftpflicht werde kein Rückversicherer weitreichende Preiserhöhungen durchsetzen. Das gelte auch für den Weltmarktführer Münchener Rück, dessen Vertreter gestern in Baden-Baden entsprechende Ankündigungen machten.
„Es gibt genügend Kapazität, und wenn man mit den Anbietern redet, bewegt sich auch etwas“, sagte Jakob Eugster, Deutschland-Chef des britischen Maklerunternehmens Benfield Greig. Eugster rechnet mit deutlich nachgebenden Preise in einigen Marktsegmenten.
Die Rating-Agentur AM Best hält die gegenwärtigen Preise noch nicht für ausreichend, um bei den Rückversicherern die durch Großschäden und Börsenflaute zusammengeschmolzene Kapitalbasis wieder aufzubauen. „Wenn man die übernommenen Risiken betrachtet, sind die gegenwärtigen Preise nicht ausreichend“, sagte Stuart Shipperlee, Rückversicherungsspezialist bei AM Best. „Im ersten Halbjahr 2003 gab es kaum Katastrophen. Und trotzdem lagen die Schaden-Kosten-Quoten der Rückversicherer immer noch bei 95 bis 105 Prozent der Beitragseinnahmen“, sagte Shipperlee.
Die Rückversicherer benötigten in der aktuellen Marktphase viel höhere operative Gewinne, um im Schnitt des Marktzyklus besser dazustehen. „Wenn das jetzt der Höhepunkt des Zyklus sein soll, dann hat es die tatsächlich nötige strukturelle Verbesserung bei den Preisen, von denen alle immer reden, nicht gegeben“, sagte Shipperlee weiter.
Quelle: Financial Times Deutschland
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