Thomas Middelhoff und Rewe-Chef Reischl sollen in den Aufsichtsrat gewählt werden · Änderung der Beteiligungsstruktur möglich
Von Christiane Ronke, Ileana Grabitz, Harald Ehren, Hamburg, und Herbert Fromme, Köln Der Aufsichtsrat des Handelskonzerns KarstadtQuelle bekommt im Mai zwei prominente Neuzugänge. Der frühere Chef des Medienkonzerns Bertelsmann, Thomas Middelhoff, und der Vorstandsvorsitzende des Handelsunternehmens Rewe, Hans Reischl, wollen sich am 4. Mai in das Kontrollgremium wählen lassen, wie aus der Einladung zur Hauptversammlung hervorgeht. Sie folgen Bertelsmann-Chef Gunter Thielen und dem früheren KarstadtQuelle-Vorstand Reinhard Koep nach, die ihre Mandate mit Ablauf der Versammlung niederlegen werden.
Nach Informationen aus gut informierten Kreisen soll Middelhoff den Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Meinhardt ablösen, der aber weiterhin dem Gremium angehören wird. Ein Sprecher von KarstadtQuelle wollte sich allerdings nicht zu den Personalien äußern.
Die Berufung Middelhoffs entfacht neue Spekulationen darüber, dass sich die Beteiligungsverhältnisse bei dem Handelskonzern ändern könnten. Denn Middelhoff ist seit Juni 2003 Partner bei der internationalen Investmentgruppe Investcorp in London und verantwortet dort das europäische Beteiligungsgeschäft. Die Gesellschaft investiert jährlich rund 2 Mrd.Euro. Möglicherweise könnten die KarstadtQuelle-Anteile des Versicherungskonzerns Allianz für Investcorp interessant sein.
Auf Anfrage der FTD hat die Allianz allerdings einen Verkauf an Investcorp bestritten. Ebenso wie umgekehrt die Investmentgesellschaft Pläne für ein Engagement bei KarstadtQuelle dementierte.
Die Allianz möchte ihre Beteiligung jedoch schon seit längerem verkaufen, heißt es in Finanzkreisen. „Es ist nur eine Frage des Preises.“ Bereits im vergangenen Jahr hatte die Versicherung ihren Anteil von 13,6 Prozent auf 10,5 Prozent reduziert, wie aus dem aktuellen Allianz-Geschäftsbericht für 2003 hervorgeht. Die Veränderung wurde im gerade von KarstadtQuelle veröffentlichten Geschäftsbericht noch nicht berücksichtigt. Dort wird der Anteil noch mit 13,6 Prozent ausgewiesen.
An wen die knapp drei Prozent verkauft wurden, gab die Allianz jedoch nicht bekannt. Sollte Investcorp den Allianz-Anteil übernehmen, könnte ein Szenario so aussehen, dass die Investmentgesellschaft und der KarstadtQuelle-Großaktionär Ingo Riedel ihre Beteiligungen bündeln. Zusammen mit Investcorp und kleineren Zukäufen auf dem freien Markt käme Riedel zumindest schon einmal auf rund 25 Prozent.
Ingo Riedel würde seine Macht bei KarstadtQuelle gerne ausbauen, heißt es in Unternehmenskreisen. Er sei schon länger mit dem Kurs von Konzernchef Wolfgang Urban unzufrieden. Das Unternehmen ist 2003 mit dem um Sondereffekte bereinigten operativen Geschäft nur knapp an den roten Zahlen vorbeigeschrammt. Neben der Touristiktochter Thomas Cook haben insbesondere die Warenhäuser und Fachgeschäfte wie die Modekette Sinn-Leffers mit großen Problemen zu kämpfen.
Eine Trendwende ist nicht in Sicht. KarstadtQuelle erwartet im ersten Quartal einen Umsatzrückgang von bis zu fünf Prozent, wie Urban bei der Bilanzpressekonferenz in der vergangenen Woche angekündigt hat. Einen Ausblick auf das Gesamtjahr wollte er auf Grund der unsicheren Lage noch nicht geben.
Um Veränderungen durchzusetzen, fehlen Riedel jedoch die nötigen Stimmrechte. Die Macht im Haus hat die Familie um Madeleine Schickedanz, die im Aufsichtsrat von Leo Herl vertreten wird. Die Lager Riedel und Madeleine Schickedanz gelten als zerstritten.
Die Familie um Madeleine Schickedanz hatte Urban erst kürzlich den Rücken gestärkt, als von interessierter Seite Ablösungsgerüchte lanciert wurden. Auch vom neuen Aufsichtsrat Reischl hat Urban wenig zu befürchten, heißt es. Die Position Middelhoffs ist noch unklar. Laut eines Berichts der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gilt er als Wunschkandidat von Schickedanz. Wenn dem so ist, könnte sich statt Riedel die Familie um Schickedanz bei einem möglichen Verkauf der Allianz-Anteile mit Investcorp zusammentun und würde sich damit die Macht in dem Handelsunternehmen sichern.
Doch Riedel, dem sogar Ambitionen auf eine Führungsposition bei KarstadtQuelle nachgesagt werden, wird wohl so schnell nicht locker lassen, wie Beobachter glauben. „Riedel will Vollgas geben“, sagt ein Banker. „Ich rechne damit, dass das noch einen interessanten Wirtschaftskrimi geben wird.“
Bild(er):
Karstadt-Filiale in Essen: Der Konzern büßt im ersten Quartal Umsätze ein – ddp
Quelle: Financial Times Deutschland
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