„Alles oder nichts“ gilt nicht mehr

Paradigmenwechsel

Ein Kernpunkt des Entwurfs der Expertenkommission für ein neues Versicherungsvertragsgesetz ist der Abschied vom Prinzip „Alles oder nichts“. Bei „Pflichtverletzungen“ des Kunden müssen Versicherer bisher nicht zahlen: Wer seine Wohnung nicht abschließt, geht im Fall eines Einbruchs leer aus, wer bei Rot über die Ampel fährt, muss den Schaden am eigenen Wagen selbst tragen.

Die Expertenkommission will diesen Grundsatz aufgeben. Wenn ein Kunde einfach fahrlässig handelt, muss der Versicherer trotzdem zahlen. Bei grober Fahrlässigkeit wird zwischen einfacher, mittlerer und schwerer grober Fahrlässigkeit unterschieden. Entsprechend darf der Versicherer die Zahlung dann kürzen. Ganz leistungsfrei bleibt er aber nicht.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft wehrt sich gegen die Änderung. Der Kunde werde zur Manipulation eingeladen, es gebe rechtliche Unsicherheit, so eine Sprecherin.

Ebenfalls entschärfen will die Kommission das Problem der Verletzung der „vorvertraglichen Anzeigepflicht“ durch den Kunden. Wer bisher bei Abschluss eines Vertrags falsche Angaben macht, ist nicht versichert. Künftig soll das nur gelten, wenn der Versicherer Vorsatz nachweisen kann oder beweist, dass er in Kenntnis der „nicht angezeigten Umstände“ den Kunden auch zu anderen Bedingungen nicht versichert hätte. „Die Regelungen führen bei Vertragsabschluss zu einem Informationsungleichgewicht“, beklagte der GDV.

Herbert Fromme

Quelle: Financial Times Deutschland

Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.

Diskutieren Sie mit