Finanzvertrieb bietet als erster Vermittler gesetzliche Versicherungen an · Konzern hofft auf Zusatzpolicen
Von Herbert Fromme und Ilse Schlingensiepen, Köln MLP will nach FTD-Informationen als erster Finanzvertrieb künftig auch gesetzliche Krankenversicherungen vermitteln. Ein MLP-Sprecher bestätigte, dass der Konzern mit sechs Betriebskrankenkassen (BKK) Kooperationsvereinbarungen geschlossen hat. Mit einer großen Ersatzkasse werde zur Zeit verhandelt.
Mit der Kooperation erschließen MLP und BKK ein völlig neues Feld: die Vermittlung gesetzlicher Krankenversicherungen durch einen Vertrieb gegen Provision. In Deutschland können sich nur Angestellte mit einem Monatseinkommen von über 3825 Euro sowie Selbstständige und Beamte privat versichern. Seit dem 1. Januar dürfen gesetzliche Kassen mit privaten Versicherern kooperieren und ihren Mitgliedern private Zusatzdeckungen anbieten. So hat der Marktführer DKV inzwischen Verträge mit zahlreichen Allgemeinen Ortskrankenkassen abgeschlossen.
MLP hat bislang sechs BKK ins Boot geholt: BKK Securvita, BKK 24, Salus-BKK, BKK Pfalz sowie BKK Signal-Iduna und BKK DBV Winterthur. Die beiden letzteren sind BKK bei privaten Versicherungskonzernen, für die MLP Policen vermittelt. Man habe nicht die billigsten Kassen ausgewählt, sondern solche mit stabilen Beitragssätzen, sagte der Sprecher. Für die Vermittlung zahlten die Krankenkassen Provisionen zwischen einem halben und einem Monatsbeitrag.
Der Schritt dürfte ein juristisches Nachspiel haben: Diese neue Form der Kooperation zwischen Krankenkassen und privaten Finanzdienstleistern sei unzulässig, kommentierte Eckart Fiedler, Vorstandschef der größten deutschen Krankenkasse Barmer Ersatzkasse: „Es gibt Wettbewerbsrichtlinien des Bundesversicherungsamtes, die den Krankenkassen den Einsatz professioneller Vermittler und vor allem die Entlohnung solcher Vermittler verbieten.“
Die Aktivitäten der Vermittler würden Wechsel innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherungen erneut anheizen. Dabei habe sich nach den Beitragssatzerhöhungen der Vergangenheit der Wechsel von einer Kasse zu einer günstigeren für viele später als Flop erwiesen.
„Was die Krankenkassen dort machen, ist mit Sicherheit gesetzeswidrig“, sagte Alfred Jensen, Chef der Novitas Vereinigte BKK in Duisburg. Das sei besonders bedenklich, da es sich bei Krankenkassen um Körperschaften öffentlichen Rechts handele. Durch die Zahlung der Provisionen werden der Versichertengemeinschaft dieser Kassen nicht unerhebliche Beträge entzogen, sagte Jensen.
Für MLP sind die Provisionen der BKK von höchstens einem Monatsbeitrag zwar vergleichsweise gering: Die privaten Krankenversicherungen (PKV) zahlen für die Vermittlung mehr als sieben Monatsbeiträge. Allerdings ist das PKV-Geschäft 2003 um 14 Prozent eingebrochen. Vor allem versprechen sich das Vertriebsunternehmen und seine 2800 Vertreter Zusatzgeschäft mit den neuen Kunden: MLP bietet gleichzeitig private Zusatzdeckungen an, die Lücken in der gesetzlichen Versorgung schließen sollen. „Wer durch den Wechsel in eine günstigere Kasse 300 Euro bis 500 Euro spart, kann damit leicht eine Zusatzversicherung zahlen und ist besser abgesichert“, sagte der MLP-Sprecher. Die Zusatzpolicen kosten zwischen 7 Euro und 40 Euro. Eine direkte Koppelung zwischen Vermittlung von Krankenkasse und Zusatzpolice gebe es aber nicht.
Zitat:
„Krankenkassen ist der Einsatz privater Vermittler gegen Entlohnung verboten“ – E. Fiedler, Barmer-Chef
Bild(er):
Die neue Kooperation mit den Krankenkassen könnte für MLP-Vermittler ein Trostpflaster für zuletzt rückläufige Verkäufe sein – Matthias Kulka
Quelle: Financial Times Deutschland
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