Werftengruppe soll starken Kern in Europa bilden

Mit der geplanten Fusion ihrer Werften reagieren ThyssenKrupp und der HDW-Eigner, das US-Investmenthaus One Equity Partners (OEP), auf den schrumpfenden Markt. Weltweit streichen die Regierungen die Etats für große Marine-Schiffbauprojekte zusammen. Die deutschen Werften müssen um die wenigen Aufträge gegen europäische Konkurrenten antreten, die staatlich unterstützt werden.

Ob DCN und Thales in Frankreich, Fincantieri in Italien oder Izar in Spanien – bei allen Gruppen mischt die jeweilige Regierung mit. Und wenn diese unbedingt einen Auftrag aus Südamerika oder Asien an Land ziehen will, fallen die Preise, notfalls auch unter die Produktionskosten.

ThyssenKrupp begründet das Zusammengehen mit HDW deshalb mit dem Konsolidierungsbedarf in Europa. Verstecken muss sich die neu kombinierte Werftengruppe dabei nicht. Sie spielt auf dem Weltmarkt bereits eine bedeutende Rolle. Nach eigenen Angaben verfügt sie bei Fregatten über einen Marktanteil von rund 60 Prozent und bei U-Booten von 75 Prozent. Der Handelsschiffbau spielt bei beiden Werften eine untergeordnete Rolle.

Die Partner arbeiten beim Bau von Kriegsschiffen schon lange zusammen. In der eingespielten Arbeitsteilung hat sich HDW auf die Entwicklung von U-Booten spezialisiert und baut die Vorderteile. Die hinteren Sektionen werden von der ThyssenKrupp-Werft Nordseewerke in Emden gebaut, die beiden Teile dann in Kiel zusammengesetzt. Beim Brennstoffzellen-Antrieb, mit dem U-Boote länger unter Wasser bleiben können, gehört HDW zu den führenden Anbietern. Die ThyssenKrupp-Werft Blohm + Voss in Hamburg führt dagegen die Kooperation bei Marineschiffen, die auf dem Wasser fahren.

Die Kooperation genügt nicht mehr: ThyssenKrupp erwartet vom Zusammenschluss beträchtliche Synergieeffekte bei Einkauf, Vertrieb und Logistik. Vor allem aber sinke der im Marineschiffbau notorisch hohe Entwicklungsaufwand. Nach Angaben des Branchenverbandes Schiffbau und Meerestechnik sind 50 Prozent der Beschäftigten einer Marinewerft Ingenieure, im Handelsschiffbau sind es dagegen nur 20 Prozent. Die drei größten deutschen Standorte Emden, Kiel und Hamburg sollen bestehen bleiben. Allerdings kommt es voraussichtlich zu einem Arbeitsplatzabbau, der über die bereits angekündigte Verringerung der Belegschaft bei HDW um 700 und bei Blohm + Voss um 160 Stellen hinausgeht.

Die Werfteigner denken noch weiter: In einem zweiten Schritt könnten europäische Konkurrenten einbezogen werden. „Die Konsolidierung des deutschen Marineschiffbaus soll eine stabile und ertragreiche Basis bilden, um die Ausgangsposition für einen weiteren internationalen Schritt zu stärken“, sagte ein OEP-Sprecher. Beide Partner hätten sich vorgenommen, „die strategischen Alternativen auszuloten“.

Auch der französische Thales-Konzern hat die Zeichen der Zeit erkannt. „Wir sehen den deutschen Zusammenschluss als ersten Schritt einer europäischen Lösung mit Thales-Beteiligung“, sagte Deutschland-Chef Claus Rettig der FTD.

Solche Entscheidungen müssten allerdings auf politischer Ebene abgesegnet werden. Unternehmerisch würden dabei zwei Welten aufeinander stoßen – die staatlichen Schiffbauer, so die Branchenvermutung, arbeiten weit weniger effizient als die privaten deutschen Werften.

Die französischen Gewerkschaften haben jedenfalls schon Proteste für den Fall angekündigt, dass sie sich dem Produktivitätsvergleich mit HDW stellen müssen.

OEP hält Fusionen sogar über Europa hinaus für möglich. „Prinzipiell kommen verschiedene Partnerschaften in Frage. Das gilt sowohl für europäische wie für US-Unternehmen.“

Die genaue Prüfung der Unternehmenswerte, die so genannte Due Diligence, dauert voraussichtlich bis Ende Juni, sagte der OEP-Sprecher.

Dabei könnten sich zwar noch Verschiebungen bei den vorgesehenen 240 Mio. Euroergeben, die ThyssenKrupp an OEP zahlen soll. Die grundsätzliche Einigung steht aber nicht mehr in Frage.

Zitat:

„Wir wollen die strategischen Alternativen ausloten“ – OEP-Sprecher

Bild(er):

Anstricharbeiten an einem Schiff im Dock von Blohm + Voss in Hamburg – ddp/Roland Magunia

Leitartikel Seite 35

Katrin Berkenkopf, Köln, Michael Gassmann, Düsseldorf, und Gerhard Hegmann, München

Quelle: Financial Times Deutschland

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