Deutschen Marinewerften fehlen Aufträge

HDW und ThyssenKrupp suchen neue Wege zur Finanzierung von Fregatten · Handelsschiffbau boomt dagegen

Den deutschen Marineschiffbauern geht die Arbeit aus. „Die Kontinuität im deutschen Markt ist unterbrochen“, sagte Heinz Ratzmann, Chef der Emder ThyssenKrupp-Tochter Nordseewerke, vor Journalisten in Hamburg. „Neue Marineaufträge liegen in weiter Ferne.“ Fregatten und U-Boote für das Verteidigungsministerium sollen nicht vor 2008 gebaut werden. Den Werften bleibt nur die Hoffnung auf Bestellungen aus dem Ausland.

Am Montag hatten ThyssenKrupp und das US-Investmenthaus One Equity Partners, Eigentümer der Kieler Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW), die Fusion ihrer drei Werften bekannt gegeben. Sie reagieren damit auf den schrumpfenden Markt und die internationale Konkurrenz.

„Der Verteidigungshaushalt ist voll gestopft mit Luftwaffen-Aufträgen“, beklagte auch Werner Schöttelndreyer, Chef des Verbandes Schiffbau und Meerestechnik. Jetzt prüfen HDW und die beiden ThyssenKrupp-Werften, den Bau neuer Fregatten für die Bundesmarine privat vorzufinanzieren. Dann könnte schon 2006 der Fertigungsbeginn sein. Dem Verteidigungsministerium werde man bald konkrete Vorschläge präsentieren, sagte Ratzmann. Die drei Schiffbauer rechnen außerdem mit der Bestellung von zwei bis drei U-Booten aus Portugal. „Wir sehen im Export große Chancen“, so der Manager weiter.

In die geplante Werftengruppe sollen keine Zulieferer integriert werden. „Es ist eine unserer Stärken, dass wir unabhängig von Komponentenbauern Kundenwünsche erfüllen können“, sagte Ratzmann. Er erteilte auch der lange geplanten Beteiligung der MAN-Tochter Ferrostaal an einer fusionierten Werftengruppe eine Absage. Das sei „im Moment nicht zu sehen“. Das Handelshaus Ferrostaal arbeitet für die Werften seit Jahren als Dienstleister, der Aufträge gewinnt und den so genannten „Offset“ bei Marineaufträgen übernimmt. Ausländische Regierungen erwarten für Bestellungen bei deutschen Werften Investitionen oder Unterstützung beim Export.

Der von der Bundesregierung erwünschte Ausbau des Werften-Verbundes auf europäischer Ebene steht für Ratzmann zur Zeit nicht auf der Tagesordnung. In Frankreich, Italien und Spanien habe man es mit staatlich kontrollierten Gruppen zu tun. „Wenn das von der Eignerschaft her so bleibt, habe ich nicht die Fantasie, mir das vorzustellen.“

Während die Kriegsschiffbauer klagen, geht es den deutschen Werften für Handelsschiffe sehr gut. Sie nahmen im vergangenen Jahr Aufträge über 102 Schiffe im Wert von 3,6 Mrd. Euro in die Bücher. Das entspricht rund 1,5 Jahresproduktionen. Fast die Hälfte der Bestellungen kam von deutschen Reedern. Sie profitieren vom Boom auf dem Weltmarkt für die Containerschifffahrt.

Die hohen Stahlpreise lassen die meisten deutschen Schiffbauer bislang noch kalt. Zwar kostet das Material für ein Schiff mit Platz für 2500 Standardcontainer heute rund 1 Mio. Euro mehr als im vergangenen Jahr. „Aber das Problem haben ja alle Werften weltweit“, sagte Jürgen Kennemann, Chef der Aker-Werften in Wismar und Rostock. In Zukunft will er vermehrt Preisgleitklauseln in die Verträge einbauen, um die Kosten an Kunden weitergeben zu können.

Zitat:

„Neue Marineaufträge liegen in weiter Ferne“ – Heinz Ratzmann, Chef Nordseewerke Emden

Bild(er):

U-Boot für die Deutsche Marine im Trockendock der Werft Nordseewerke – AP/Jörg Sarbach

Katrin Berkenkopf

Quelle: Financial Times Deutschland

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