SPD und CDU drohen Verluste in NRW

Die Christdemokraten im Ruhrgebiet lassen sich von den Wahlschlappen im Osten nicht beeindrucken. Die CDU muss bei den nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen am Sonntag zwar wie die SPD mit Verlusten rechnen, wird im einst roten NRW aber weit besser abschneiden als früher.

Anders als in den neuen Bundesländern wird der Wahlkampf in NRW nicht von Auseinandersetzungen um Hartz IV dominiert. Das gilt selbst für die Stadt Gelsenkirchen, die mit 18,4 Prozent eine Arbeitslosenquote auf Ostniveau hat. Die so genannten Montagsdemonstrationen hatten weder hier noch in anderen Städten des Landes großen Zulauf. „Wir haben 22 000 Sozialhilfeempfänger, die sehen auch Verbesserungen“, sagte CDU-Oberbürgermeister Oliver Wittke. Im Wahlkampf spielten vor allem Kommunalthemen eine Rolle.

Die Lage in NRW sei völlig anders als in den neuen Bundesländern, bestätigte auch der Essener Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger, der wie Wittke vor fünf Jahren ein rotes Rathaus erobert hat. „Für uns ist nicht der Wahlausgang im Osten der Orientierungspunkt, sondern der im Saarland“, betonte Reiniger. Zwar würden die Parteien am Sonntag auch für die Bundesebene in Haftung genommen. Die CDU habe hier aber weniger Probleme wegen Hartz IV. Störender sei das Erscheinungsbild der Bundes-CDU in den vergangenen Monaten. „Das Sommertheater hat uns nicht geholfen“, sagte er mit Blick auf die Querelen in der Opposition um Hartz IV und die Gesundheitsreform.

Die CDU hatte 1999 mit landesweit 50,3 Prozent ihr bestes Ergebnis bei einer Kommunalwahl in NRW eingefahren, die SPD mit 33,9 Prozent ihr schlechtestes. Heute regieren CDU-Oberbürgermeister 13 von 23 Großstädten, viele können wie Reiniger mit der Wiederwahl im ersten Wahlgang rechnen.

Angesichts des damaligen Stimmungstiefs der rot-grünen Bundesregierung und der mageren Wahlbeteiligung von 55 Prozent galt das Wahlergebnis von 1999 nicht als Zeichen einer strukturellen Verschiebung. Doch wahrscheinlich wird die CDU trotz Verlusten ihre starke Position in den Kommunen behalten. Nach einer aktuellen Umfrage der Universität Duisburg-Essen käme die SPD landesweit auf 32,6 Prozent, die CDU auf 45,1 Prozent. „Selbst wenn wir nur 45 Prozent bekommen würden, wäre das immer noch eine Sensation“, sagte CDU-Oberbürgermeister Wittke.

Der SPD bläst der Wind ins Gesicht. Die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann verzichtete auf ihren Wahlplakaten sogar auf die Buchstaben SPD. Im Endspurt geben sich die Sozialdemokraten optimistisch. „Die Stimmung ist nicht so schlecht, wie man denkt“, sagt die Landtagsabgeordnete Anke Brunn. Zu Beginn des Wahlkampfs sei der Unmut der Bürger über Hartz IV spürbar gewesen, aber er habe deutlich nachgelassen.

Wahlgewinner werden voraussichtlich die Grünen sein, die ihre 7,3 Prozent aus dem Jahr 1999 wahrscheinlich auf ein zweistelliges Ergebnis steigern können. Für die FDP dagegen, die zuletzt auf 4,3 Prozent kam, werden nur geringe Zuwächse prognostiziert.

Eine unbekannte Größe bei der Wahl sind die zahlreichen unabhängigen Wählergemeinschaften. Der Verfassungsgerichtshof NRW hatte zwei Monate vor den Kommunalwahlen 1999 die Fünf-Prozent-Hürde gekippt – zu spät für viele, sich auf eine Kandidatur vorzubereiten. Jetzt gibt es vielerorts Wählergemeinschaften. Enttäuschte Sozialdemokraten, Gewerkschaftsmitglieder und andere haben sich zu Wählerverbindungen wie der „Sozialen Liste Bochum“ oder der „Detmolder Alternative“ zusammengeschlossen. Auch Christdemokraten haben sich von ihrer Partei abgewandt und kandidieren auf unabhängigen Listen wie dem „Bürgerbündnis“ in Köln. Zumindest in den Großstädten haben solche Listen ein Potenzial. Nach einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Omniquest kommen die Sonstigen in Köln auf elf Prozent und die PDS auf drei Prozent.

Vom Wegfall der Fünf-Prozent-Hürde könnten auch die Rechtsextremen profitieren. Die „Republikaner“ kandidieren für 18, die NPD für elf und die DVU für zwei der insgesamt 427 kommunalen Vertretungen. Hinzu kommen nur lokal aktive rechtsextreme Splittergruppen.

Bild(er):

Nicht mit meiner Partei: Die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann lässt Plakate ohne Hinweis auf ihre Zugehörigkeit zur SPD kleben – Vario-Press/Ulrich Baumgarten

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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