Frühere Gerling NCM konzentriert sich auf das Kerngeschäft · Von weltweit 600 Arbeitsplätzen fallen 160 in Deutschland weg
Von Herbert Fromme, Köln Der weltweit zweitgrößte Kreditversicherer Atradius stellt seine Strategie um, gibt Randbereiche auf und reduziert die Belegschaft von 3600 auf 3000 Mitarbeiter. In Deutschland fallen 160 von 700 Arbeitsplätzen weg. Die frühere Gerling NCM konzentriert sich künftig auf das Kerngeschäft Kreditversicherung. Hier will die Gruppe in den traditionellen Märkten in Europa wachsen, aber auch in Nordamerika, Osteuropa und Asien. Aufgeben will Atradius das Factoring und das Bürgschaftsgeschäft sowie die Bereiche Konsumentenkredit und externes Kreditmanagement.
„Wir werden uns von Geschäftsbereichen und Märkten trennen, in denen wir kein Potenzial zur Erreichung einer kritischen Masse sehen oder in denen die Profitabilität fehlt“, sagte Vorstand Peter Ingenlath. Atradius nahm 2003 rund 1,3 Mrd. Euro an Prämien ein, das ist ein Weltmarktanteil von 25 Prozent. Nur die Allianz-Tochter Euler-Hermes ist mit Prämien von 1,8 Mrd.Euro größer.
Kreditversicherer bieten ihren Versicherten an, bei Forderungsausfällen von deren Kunden einzuspringen – wenn der Versicherte vorher eine Freigabe für die Lieferung beim Kreditversicherer eingeholt hat. Um sich und ihre Versicherten vor schlecht zahlenden Kunden zu schützen, betreiben sie riesige Datenbanken mit Unternehmensangaben.
Auf dieser Basis haben die meisten Kreditversicherer diversifiziert. Dazu gehören die Bereitstellung von Bürgschaften, die Bauunternehmen bei Großprojekten den Auftraggebern stellen müssen, sowie das Factoring, die Vorfinanzierung von Rechnungen für Dritte. Diese Randaktivitäten benötigen viel Kapital und Managementkraft.
Mit einem Einsparprogramm soll auch das Kerngeschäft gestrafft werden. Der Stellenabbau von insgesamt 600 Mitarbeitern werde mit einem Abfindungsprogramm an den Hauptstandorten Köln und Amsterdam beginnen, teilte Atradius mit.
Als Teil der Gerling-Gruppe litt der im Kern gesunde Kreditversicherer an den Problemen des Konzerns. Mitte 2003 übernahmen Swiss Re und Deutsche Bank die Mehrheit. Sie halten heute 41,96 Prozent beziehungsweise 33,89 Prozent. Die Privatbank Sal. Oppenheim besitzt 6,18 Prozent. Den spanischen Versicherern Crédito y Caución und Seguros Catalana Occidente, die miteinander verflochten sind, gehören 12,01 beziehungsweise 5,96 Prozent. Langfristig halten Branchenkenner einen Rückzug oder Teilrückzug der beiden größten Aktionäre und eine Fusion zwischen Atradius und Crédito y Caución für möglich.
Quelle: Financial Times Deutschland
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