Französisch-libanesische Risk-Gruppe klagt in fünf Ländern · Genossenschaftlicher Versicherer gewinnt in London
Von Herbert Fromme, Köln Die Versicherungsgruppe R+V streitet sich vor Gerichten in mindestens fünf Ländern mit der französisch-libanesischen Maklergruppe Risk Insurance and Reinsurance Solutions um hohe Millionenbeträge für Provisionen. Risk war bis 2003 der größte Makler für das von der R+V gezeichnete Rückversicherungsgeschäft und lieferte mehr als ein Drittel des Volumens unter einer Zeichnungsvollmacht. 2003 änderte die R+V ihre Rückversicherungspolitik und kündigte die Zeichnungsvollmachten mit allen Maklern. „Wir hatten aber Mehrjahresverträge und wollten uns nicht auf eine plötzliche Kündigung einlassen, das hätte unserem Ansehen geschadet“, sagte Risk-Chef Jean-Claude Chalhoub der FTD.
Die R+V gehört zum genossenschaftlichen Lager. Risk ist Teil der Firmengruppe des Libanesen Henri Chalhoub, sie wird von seinem Sohn Jean-Claude gemanagt.
Seit Monaten überziehen sich beide Seiten mit einer Serie von Klagen und Gegenklagen. Den ersten Londoner Prozess gewann R+V im November. Hier klagt der Versicherer auf Schadensersatz wegen Vertragsbruchs. Am 17. Dezember entschied der High Court weiter, dass Risk als Anzahlung 5 Mio. £ überweisen muss. Gegen das Urteil hat der Makler Berufung eingelegt und verlangt seinerseits 88 Mio. £ wegen Vertragsbruchs. „Die erste Schlacht hat R+V gewonnen, aber der weitere Kriegsverlauf erscheint dennoch ungewiss“, kommentiert der Londoner Anwalt und Versicherungsexperte Philipp Thomas.
Denn in der Schweiz hat Risk vor Gericht gesiegt, es steht aber noch keine Summe fest. Hier hat R+V die nächste Instanz angerufen. Auch in Paris, den USA und Italien stehen die beiden Seiten vor Gericht. In Frankreich verlangt Risk Schadensersatz von 37 Mio. Euro, in Italien 10 Mio. Euro und in den USA 100 Mio. $.
Setzt sich Risk in einem dieser Verfahren durch, drohen R+V hohe Verluste. Nach dem Londoner Urteil sieht R+V aber keine Notwendigkeit für Rückstellungen im Abschluss 2004, sagte eine R+V-Sprecherin.
„Der Pariser Wirtschaftsprüfer Mazars & Guérard hat errechnet, dass Risk Anspruch auf 35 Mio. Euro bis 40 Mio. Euro hat“, sagte Chalhoub. Risk war seit 1949 als Rückversicherungsmakler für R+V tätig. 2001 schloss der damalige R+V-Manager Daniel Gebauer weitreichende Vereinbarungen mit Jean-Claude Chalhoub.
„Die R+V hatte vorher in London viel verlustbringendes Geschäft gezeichnet“, erläutert Anwalt Thomas. Die Gesellschaft wollte in den Markt zurück, ohne direkt als Rückversicherer aufzutreten – dafür hätte es der Genehmigung durch die britische Finanzaufsicht bedurft und entsprechende Publizität gebracht. Deshalb wurde Risk mit der Entwicklung des Londoner Geschäfts beauftragt. Dazu gehörte die Gründung einer Londoner Risk-Tochter, an der die R+V eine Beteiligung von 30 Prozent erhalten sollte.
Bei der R+V wuchsen 2002 und 2003 die Zweifel an dem Geschäft mit Zeichnungsvollmachten, vor allem bei Manager Christoph Lamby, der gerade von der Gerling Rück zur R+V gewechselt war. Er überzeugte Konzernchef Jürgen Förterer, die Verträge zu beenden. Risk wehrte sich und pochte auf Einhaltung der Mehrjahresvereinbarungen.
R+V erklärte, Gebauer habe ohne das Wissen seiner Vorgesetzten gehandelt, vor allem des zuständigen Vorstands Wolfgang Kernbach. Gebauer habe sich bestechen lassen. Das Londoner Gericht fand für Bestechung keine Beweise, es habe aber „unredliche Absprachen“ mit Chalhoub gegeben. „Der Prozess hat gezeigt, dass R+V die kriminellen Machenschaften eines einzelnen Mitarbeiters schnell entdecken und rückhaltlos aufklären konnte“, sagte die Sprecherin.
Chalhoub erinnerte dagegen daran, dass Kernbach zur Eröffnung der gemeinsamen Londoner Tochterfirma sogar angereist war. Es gebe auch umfangreiche Korrespondenz. Von Nichtwissen Kernbachs könne keine Rede sein.
Bild(er):
Heißes Pflaster: In London hat R+V im ersten Durchlauf einen juristischen Erfolg gegen den Makler Risk erzielt – Picture News/Oliver Abraham
Quelle: Financial Times Deutschland
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