US-Staatsanwalt lädt Berkshire Hathaway wegen Produkten zur Ergebnisglättung vor · Anbieter wehren sich
Von Ellen Kelleher, New York, und Herbert Fromme, Köln Der Rückversicherer Gen Re gerät wegen des Verdachts illegaler Bilanzglättungsgeschäfte weiter unter Druck. New Yorks Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer erließ in der vergangenen Woche eine Vorladung gegen Berkshire Hathaway, die Muttergesellschaft von Gen Re. Das bestätigte Berkshire am Freitag. Die Gruppe, zu der in Deutschland die Kölnische Rück gehört, wird von dem Investor Warren Buffett kontrolliert.
In der Vorladung verlangt Spitzer Informationen über Verträge, die anderen Unternehmen bei der Glättung von Ergebnissen geholfen haben. Eine ähnliche Anfrage stellte auch die US-Börsenaufsicht SEC. Spitzer sorgt seit Oktober für Unruhe in der Assekuranz, als er das weltgrößte Maklerunternehmen Marsh verklagte. Bisher hätten sechs Manager ihre Beteiligung an Angebotsfälschungen gestanden, sagte Spitzer. Auf dieser Grundlage „wird es Anklagen gegen Spitzenleute geben“.
In den Verfahren wegen Finanzrückversicherung ist es noch lange nicht so weit. Im Gegenteil gibt es auch bei US-Versicherungsaufsehern Stimmen, die diese für legal und nötig halten. EU-Kommissarin Neelie Kroes, die noch im Dezember die Rückversicherer unter die Lupe nehmen wollte, ruderte zurück und sieht keinen Handlungsbedarf. Anderseits ist es in Deutschland schon zu einer Anklage gekommen: Ex-MLP-Chef Bernhard Termühlen wird beschuldigt, mit Hilfe von Finanzrückversicherung die Bilanz gefälscht zu haben.
Finanzrückversicherungsverträge ermöglichen Versicherern oder anderen Unternehmen, hohe Belastungen mit Hilfe eines Rückversicherers zu strecken. Das könnte Anleger und Aufseher täuschen, lautet der Vorwurf Spitzers.
Die Rückversicherer sehen das anders. Gen Re selbst wollte nicht Stellung nehmen, wohl aber die weltweit viertgrößte Hannover Rück. „Oft ist das Gegenteil der Fall. Finanzrückversicherungsverträge ermöglichen es, die tatsächliche ökonomische Substanz eines Unternehmens zu zeigen“, sagte Vorstand Jürgen Gräber. So müssten die Versicherer in vielen Ländern höhere Schadenreserven stellen als ökonomisch nötig. Die Reserven werden erst über viele Jahre abgerufen und verzinsen sich in dieser Zeit – diese Zinsen darf ein Versicherer aber oft nicht einrechnen. „Über einen so genannten Diskontierungsvertrag übernahm ein Rückversicherer die Schadenbelastung, der Erstversicherer konnte Schadenreserven freisetzen“, sagte Gräber.
Wegen der niedrigen Zinsen lohnen sich Diskontierungsverträge heute nicht. Beliebt sind aber Verträge, die die Schadenbelastung glätten. Ein Beispiel: Ein Versicherer rechnet mit einer durchschnittlichen Schadenquote von 70 Prozent der Beitragseinnahmen. Für den Fall, dass wegen außergewöhnlicher Schäden 75 Prozent oder mehr fällig werden, kauft er sich eine Schutzdeckung für das Segment 75 bis 85 Prozent. Die kostet etwa zwei Prozent der Gesamtprämie. „Kommt es im ersten Quartal wegen der Frühjahrsstürme zu einer Schadenquote von 85 Prozent, deckt der Rückversicherer davon zehn Punkte. Der Erstversicherer zeigt 75 Prozent“, sagte Gräber. Sein Quartalsergebnis ist positiv. Über das Jahr könne sich das ausgleichen und auf 70 Prozent Schadenquote einpendeln. Bleibt aber dem Rückversicherer am Jahresende ein Negativsaldo, muss der Erstversicherer für das kommende Jahr einen neuen Vertrag abschließen.
Die Kampagne in den USA kann Gräber nicht nachvollziehen. „Dann müsste man auch den Banken die Derivate verbieten“, sagte er. „Es gibt Regeln, wann ein Vertrag Finanzrückversicherung ist und wann ein Derivat.“ So müsse für den Rückversicherer ein Verlustpotenzial von mindestens zehn Prozent bestehen. So argumentiert auch die Finanzaufsicht BaFin. „Es muss einen angemessenen Risikotransfer geben“, sagte ein Sprecher. Es dürfe sich nicht um verschleierte Kreditaufnahmen handeln.
Zitat:
„Dann müsste man auch den Banken die Derivate verbieten“ – Jürgen Gräber, Vorstand der Hannover Rück
Bild(er):
Wie ein Schminkset für die Bilanz: Mit Finanzrückversicherungen können Unternehmen ihre Zahlen aufhübschen – FTD/Peter Raffelt
Quelle: Financial Times Deutschland
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