Am kommenden Dienstag sollte er eigentlich die Bilanzzahlen des angeschlagenen Schweizer Rückversicherers Converium für das Jahr 2004 verkünden. Diese schwierige Aufgabe hat Dirk Lohmann nicht mehr vor sich. Gestern gab Converium die Entlassung des 46-jährigen Managers mit sofortiger Wirkung bekannt.
Lohmann gilt als ausgezeichneter Rückversicherungsexperte. Sein Fall ist eher eine Folge grober Kommunikationsfehler als mangelnder fachlicher Eignung. Der Arztsohn mit deutschem Pass wuchs in den USA auf und kennt die europäische und amerikanische Denkweise gut. Das nutzte er als Manager bei der Hannover Rück und später bei der Zurich Re, die zur Zurich Financial Services (ZFS) gehörte.
Vor vier Jahren brachte ZFS das Rückversicherungsgeschäft an die Börse, Converium war geboren. Gegenüber Kunden und Investoren betonte Lohmann immer wieder, dass Converium im Gegensatz zu anderen Rückversicherern praktisch keine Altlasten habe. Im Sommer 2004 zeigte sich das Gegenteil. Von 1997 bis 2001, als Lohmann schon für das US-Geschäft der Zurich Re verantwortlich war, hatte die Gesellschaft US-Haftpflichtrisiken viel zu billig übernommen. Das Loch in den Reserven betrug mehr als 400 Mio. $, stellte sich heraus. Die Aktie brach um knapp zwei Drittel ein. Converium musste die US-Töchter schließen, sie werden abgewickelt. Unternehmen und Unternehmenschef verloren rapide an Vertrauen bei Kunden und Anlegern.
Wiedergewinnen soll es Lohmanns Nachfolger Terry Clarke, ein 63-jähriger Versicherungsveteran. Vor drei Jahren wurde Clarke – eigentlich schon im Ruhestand – in den Converium-Verwaltungsrat berufen. Als die Krise sich 2004 zuspitzte, ging er zusätzlich in den Vorstand. Der Brite ist ausgewiesener Fachmann für Bewertungs- und Abwicklungsfragen.
Warum Lohmann, der Gründer und Motor des Unternehmens, Knall auf Fall gehen musste, erklärte Converium nicht. Offenbar vermuten viele Anleger, dass bei der Aufstellung der Bilanz für das vierte Quartal neue Probleme auftauchten und der Verwaltungsrat deshalb am Mittwochnachmittag die Notbremse zog. Die Aktie fiel gestern um drei Prozent auf 11,20 Franken.
Aus Unternehmenskreisen ist dagegen zu hören, es habe keine bösen Überraschungen gegeben, der Verwaltungsrat habe einfach auf die allgemein schwierige Lage Converiums und die Kritik an seinem Vorstandschef reagiert.
Quelle: Financial Times Deutschland
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